Zum Aufruf des Römerberg-Bündnis für den 7. Juli

Am vergangenen 10. Mai hat das Römerbergbündnis (Jüdische Gemeinde, die beiden Kirchen, DGB, Stadtjugendring) gemeinsam mit fast allen Parteien der Stadtverordnetenversammlung (Ausnahmen: NPD, REPs, BFF) und einer Reihe von herausragenden Einzelpersönlichkeiten der Stadt einen Aufruf veröffentlicht, in dem es unter anderem heißt:in Frankfurt ist kein Platz für Neonazis, auch nicht für einen Aufmarsch der NPD„. Wir begrüßen zunächst diesen erstaunlich breiten Konsens von CDU bis Ökolinx (Text: siehe unten), haben aber auch Rückfragen.

Das Vorhaben der auf dieser „Plattform“ vereinigten unterschiedlichen Kräfte für den 7. Juli besteht lediglich darin, „mit der Kundgebung des Römerbergbündnisses am 7. Juli 2007 auf dem Römerberg ein deutliches Zeichen setzen“ zu wollen.

Das bedeutet in der Praxis einen bewußten Verzicht auf jeden Versuch einer aktiven Verhinderung des Nazi-Aufmarsches.

Dazu stellen wir fest: Oberbürgermeisterin Petra Roth, persönliche Unterzeichnerin des Aufrufs, hat es weitgehend in der Hand, zu verhindern, daß ein solcher Aufmarsch überhaupt stattfinden kann. Von einem Verbotsantrag gegen die Demonstration der „Nationalen Sozialisten“ ist uns allerdings bisher nichts bekannt. Stattdessen werden voraussichtlich in den kommenden Wochen die Ordnungsbehörden der Stadt gemeinsam mit der Polizei eine Demonstrationsroute für Hunderte Nazis aus der gesamten Bundesrepublik ausarbeiten, die unter antisemitischen und explizit nationalsozialistischen Parolen durch Frankfurt marschieren und „Volksgemeinschaft statt Globalisierung“ fordern wollen.

Das heißt: während auf dem Römerberg dafür demonstriert werden soll, daß es „keinen Raum für Nazis in Frankfurt“ gibt, sollen zum selben Zeitpunkt Nazis durch Frankfurt marschieren – Parteigänger jener Mörder, die in den vergangenen beiden Jahrzehnten in Deutschland etwa 150 Menschen umgebracht haben, die nicht in ihre Art „Volksgemeinschaft“ paßten.

Diese Aktionsform halten wir nicht für ausreichend.

Da Frau Oberbürgermeisterin Roth zu Recht Nazis „in Frankfurt am Main keinen Platz“ einräumen will, fordern wir sie deshalb hiermit öffentlich auf:

lassen Sie Ihren Worten Taten folgen! Schöpfen Sie alle juristischen Mittel aus, um den Aufmarsch juristisch zu verhindern! Falls Sie damit scheitern, haben Sie immerhin auch damit ein politisch wichtiges „Zeichen gesetzt“ (ebenso wie umgekehrt, wenn Sie auf den Rechtsweg verzichten)! Falls nach Entscheidung eines Gerichts die Nazis durch Frankfurt marschieren dürfen: sorgen Sie durch frühzeitige Veröffentlichung der Demonstrationsroute für die Möglichkeit demokratischer Gegenöffentlichkeit in Frankfurt vor Ort! Sie persönlich entscheiden sehr wesentlich darüber mit, ob am 7. Juli „in Frankfurt Platz für Neonazis“ ist oder nicht!

Ein Verbot der von Marcel Wöll zum 7. Juli angemeldeten Demonstration (mit den Propagandaphrasen „Arbeit statt Dividende“ und „Volksgemeinschaft statt Globalisierung“) muß schon aufgrund des Datums erfolgen. Im Nazi-Kalender nahm dieser Tag seit jeher eine besondere Stellung ein: „07.07. Der Bund deutscher Arbeiterjugend (später: Hitler-Jugend) wird als Jugendorganisation der nationalsozialistischen Kampfverbände gegründet.“, wie es in einer Darstellung des Deutschen Historischen Museums heißt . Es wäre völlig naiv, anzunehmen, daß das Datum der vor allem von Mitgliedern militanter Kameradschaften und der Jungen Nationaldemokraten besuchten NPD-Demonstration keinen bewußten Bezug zu diesem abscheulichen Jubiläum hat.

Wir begrüßen es, daß eine breite Mehrheit, wie sie das Römerbergbündnis und alle Parteien außer der radikalen Rechten in der Stadtverordnetenversammlung repräsentiert, gegen Nazis in Frankfurt Stellung nimmt. Unser Aufruf, den Nazis am Ort ihrer Demonstration entgegen zu treten, ist eine bitter notwendige Ergänzung der Auseinandersetzung mit den Nazis. Er hat bereits jetzt, Wochen vor dem 7. Juli, breite Unterstützung. Unser Platz wird deshalb da sein, wo die Nazis an ihrer Demonstration gehindert werden sollen. Nach den Erfahrungen vom 1. Mai in Raunheim und Rüsselsheim fordern wir die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung und der Polizei heute schon auf, alle Versuche zu unterlassen, unsere Aktion zu kriminalisieren oder als illegitim darzustellen.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!“ – dieser oft und gern zitierte Satz darf nicht eine leere Proklamation sein. Nazistische, rassistische und antisemitische Ideologie sowie die aus ihnen folgenden Verbrechen müssen nicht nur auf Kundgebungen verurteilt werden – wir müssen sie vor allem wirksam aus jedem politischen und kulturellen Diskurs der Gesellschaft ausschließen. Deshalb intervenieren wir öffentlich gegen den Versuch, der Nazis, ihre Ideologie und Praxis als legitimen und normalen Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens der Republik darstellen zu wollen. Menschen, die sich selber als „nationale Sozialisten“ bezeichnen, dürfen für diese Ideologie kein Recht auf Meinungsfreiheit beanspruchen. Und die NPD als Partei muß verboten werden.

Deshalb werden wir einen kurzen Aufruf zur aktiven Verhinderung der NPD-Demonstration so breit wie möglich verteilen, auf dessen Rückseite auch der Aufruf des Römerbergbündnis nachzulesen ist: Vorderseite / Rückseite – bitte selber Herunterladen, Weitermailen, Ausdrucken und Verteilen, Ankleben (selbstverständlich nur, wo es auch erlaubt ist ;-)).

Dieser kurze Text ersetzt unseren Aufruf zum 7. Juli nicht, sondern setzt unsere Forderung, den Nazis entgegenzutreten, in Beziehung zu der Kundgebung des Römerbergbündnis.
Liste der Unterstützer des Aufrufs der Anti-Nazi-Koordination zum 7. Juli

Wir rufen gemeinsam mit der Antifa in Frankfurt die im Frankfurter Jugendring zusammenarbeitenden Organisationen, die SchülerInnen und StudentInnen, die MigrantInnen, die GewerkschafterInnen auf:

Verhindert gemeinsam mit uns den Naziaufmarsch am 7. Juli in Frankfurt!

Laßt uns den Nazis dort entgegentreten, wo sie demonstrieren wollen!

Wenn wir genug sind, können die Nazis nicht durch unsere Stadt marschieren!

Bringt möglichst viele mit!

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