Offener Brief an die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth

Am heutigen Montag, 2. Juli, wurde dem Büro der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth ein Offener Brief der Anti-Nazi-Koordination, unser Aufruf zum 7. Juli und die aktuelle Liste der UnterstützerInnen übergeben. Der Offene Brief hat folgenden Wortlaut:

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

wenige Tage vor der von NPD und ihren Mitstreitern angekündigten Demonstration „Arbeit statt Dividende – Volksgemeinschaft statt Globalisierung“ wollen wir einen letzten Versuch unternehmen, Sie davon zu überzeugen, diese Demonstration in Frankfurt umgehend zu verbieten.

Alles, was zum Anliegen dieser Demonstration zu sagen war, ist seit langem gesagt. Die zu ihr aufrufenden Texte und Mobilisierungsvideos nehmen bewußt und offensiv antisemitische, an Diktion und Ziele des Nazifaschismus anknüpfende Begriffe und Ziele auf. Sie kennen das sicher nicht erst seit unseren zahlreichen öffentlichen Stellungnahmen in den letzten Monaten.

Die Persönlichkeit des Anmelders, Marcel Wöll aus Butzbach, über den Ihnen zweifellos ebenfalls detaillierte Erkenntnisse vorliegen, wird gewiß auch Sie davon ausgehen lassen, daß es im Zuge dieser Demonstration mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu strafbaren volksverhetzenden Äußerungen und erheblichen Gewalttaten seitens der Neonazis kommen wird. Nicht wir, sondern der Verfassungsschutz geht, wie Ihnen nicht erst seit der diesbezüglichen Veröffentlichung eines Briefes aus dem Ordnungsdezernat an die Frankfurter Rettungsdienste (Hessenschau, 29. Juni) bekannt ist, von „1500 ultra-gewaltbereiten Rechtsaktivisten“ aus, die unsere Stadt aufsuchen wollen. Die Frankfurter Krankenhäuser sind auf Anforderung des Stadtgesundheitsamtes für die Zeit vom 6.- 8. Juli in einen Alarmzustand für den sogenannten „Ernstfall“ versetzt worden, der dem zur Fußball-WM 2006 gleichkommt. Die Kosten hierfür sowie für den Einsatz von geschätzten 8000 PolizeibeamtInnen werden in seriösen Medienmeldungen auf eine Höhe von insgesamt mehreren Hunderttausend Euro geschätzt, die die Öffentlichkeit zu tragen haben wird.

Zu Beginn dieses Jahres hatten Sie, Frau Oberbürgermeisterin, angekündigt, diese Demonstration verbieten lassen zu wollen. Über die Gründe für Ihre Meinungsänderung zu diesem Punkt ist uns nichts bekannt. In den sechs Monaten seither verstärken alle Informationen über den zu vermutenden Ablauf des Tages die Gründe für ein solches Verbot.

Wir appellieren an Sie: Jenseits jeder Einschätzung zu den juristischen Chancen eines Verbotes dieser neofaschistischen und explizit antisemitischen Demonstration wäre es auch jetzt noch ein höchst notwendiges politisches Zeichen, daß Sie persönlich und der Magistrat die politische Mitverantwortung für die Durchführung dieser Demonstration nicht freiwillig zu übernehmen gewillt sind.

Zugleich würden Sie mit diesem Schritt auch der begrüßenswerten Initiative des Römerbergbündnis zu der Protestkundgebung am Tag der Nazi-Demonstration, auf der Sie selber sprechen werden, erheblich mehr politisches Gewicht verleihen.

Wir versichern Ihnen, daß wir, die wir uns verpflichtet haben, gemeinsam mit vielen Hunderten Menschen aus dem ganzen Land diese Demonstration so gut wir können verhindern zu wollen, mit diesem unseren Ziel und den Mitteln, es zu erreichen, verantwortungsbewußt umgehen. Unser Bündnis ist breit. Neben den direkten UnterzeichnerInnen unseres Aufrufes, Frankfurt am 7. Juli zur no-go-zone für Nazis zu machen, rufen andere mit eigenen Texten ebenfalls dazu auf, uns dabei zu unterstützen und den Nazis vor Ort entgegenzutreten – so der DGB-Südhessen, DGB-Mittelhessen und die Evangelische Jugend in Hessen und Nassau. In ähnlicher Weise fordert die Frankfurter Kommunale AusländerInnenvertretung dazu auf. Und an unserer Seite wissen wir auch den Träger des Alternativen Nobelpreises und weltbekannten israelischen Friedensaktivisten Uri Avnery, der sich persönlich in einem Schreiben an Sie gewandt und Sie um ein klares Einschreiten gegen die Nazis gebeten hat. Wir erlauben uns, Ihnen unseren Aufruf und die aktuelle Liste der UnterstützerInnen zu überreichen.

Zu unserem Vorgehen am 7. Juli erwarten wir nicht Ihre Zustimmung.
Dennoch appellieren wir an Sie, ähnlich wie das vor wenigen Tagen der Vorsitzende des DGB Hessen, Stefan Körzell, getan hat: Tun Sie auf Ihrer Seite das in Ihrer Macht stehende, um diesen Aufmarsch zu verhindern!

Anlagen

Aufruf der Anti-Nazi-Koordination zum 7.7.2007
Liste der UnterstützerInnen (Stand: 30.6.2007)

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