„Ein 23-jähriger Marokkaner hat am Dienstagabend [14.08.2007] gegen 22.50 Uhr versucht, aus den Räumen der Polizei (Gutleutstraße) mit einem Sprung durch ein Fenster im 3. Obergeschoss zu fliehen. Er stürzte in die Tiefe und erlitt schwere Verletzungen. […] Nach bisherigen Erkenntnissen besteht keine Lebensgefahr.“, heißt es im Polizeibericht des Frankfurter Polizeipräsidiums vom 16.08.2007.
In einem Beitrag in der „jungen Welt“ vom 29.08. berichtet nun Gitta Düperthal über diesen „Sturz aus dem Fenster„, „Behörde wertet Verzweiflungstat in Frankfurter Polizeiwache als Fluchtversuch. Doch wovor soll der 23jährige Marokkaner Mohammed* geflohen sein?“, diese und andere Fragen wirft Düperthal in ihrem Text auf, sie konstatiert:
„Daß niemand aus dem dritten Stock springt, um zu flüchten, muß wohl jedem mit halbwegs gesundem Menschenverstand einleuchten. Mohammed landete in einem Busch vor dem Polizeigebäude in der Gutleutstraße. Er erlitt schwere Verletzungen. […] Tags darauf liegt Mohammed auf der Intensivstation in der Frankfurter Uniklinik. Er hat eine schwere Operation hinter sich und eine weitere vor sich. Er ist an Schläuche angeschlossen, im künstlichen Koma. Auf einer Maschine, die sich dreht, damit sein Körper sich nicht wundliegt. Leber und Lunge seien durch den Sturz verletzt, der Nackenwirbel angebrochen,… .“
Wie es zu diesem Frankfurter Fenstersturz kommen konnte bleibt weiterhin ungeklärt, Gitta Düperthal in ihrem jW-Artikel dazu:
„Mohammed war an diesem Abend bei einer Polizeikontrolle im Bockenheimer Internetcafé festgenommen worden. Auf der Wache habe er sich völlig unauffällig verhalten. Am Abend des 14. Augusts sei es schwül gewesen, behauptet Polizeisprecher André Sturmeit. Deshalb habe das Fenster offengestanden. Freunde erinnern sich hingegen an einen eher kühlen Abend. Mohammed sei nicht allein im Raum gewesen. Doch habe man »so schnell nicht reagieren können«, heißt es bei der Polizei weiter. Plötzlich sei er ohne Vorwarnung von seinem Stuhl aufgestanden und habe sich aus dem Fenster gestürzt. Auf die Frage, wieso man diese Verzweiflungstat als Fluchtversuch bezeichne, hat Sturmeit eine absurde Erklärung: Er habe abhauen wollen, soll er zu Polizisten gesagt haben, als er vor dem Gebäude am Boden lag. Weiter »ins Detail gehen« will der Polizeisprecher nicht.“
Im Text wird über weitere Ungereimtheiten und die prinzipiell prekäre Situation von AsylbewerberInnen berichtet, die sich von Duldung zu Duldung hangeln. Neben Yildiz Köremezli-Erkiner (Stadtverordnete der Linkspartei im Frankfurter Römer, „Migranten wie Mohammed* sind schutzlos allen möglichen Angriffen ausgesetzt und leben unter starker psychischer Belastung“.) wird auch Wiltrud Pohl (Frankfurter Direktkandidatin der Linken für den hessischen Landtag) zitiert:
Wie sich Menschen hier fühlen, die in einer Nußschale über das Meer nach Europa flüchten, oder wie im Fall des Flüchtlings Mohammed aus dem Fenster des Polizeipräsidiums springen, das können wir nicht einmal erahnen. Niemand macht so etwas freiwillig. Sie müssen unter großem Druck stehen. Pure Existenzangst spricht aus solchen Handlungen. Das Ausländergesetz muß dringend dahingehend verändert werden, daß es wieder mit Artikel eins des Grundgesetzes vereinbar ist: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
(*Anmerkung: Name wurde von der jW-Redaktion geändert)
