Wie vor einigen Tagen bekannt geworden war, haben sich Anfang August zwei Kader der Nazi-Truppe „Freie Nationalisten Rhein-Main“ (Chef: NPD-Landesvorsitzender Marcel Wöll), Timo Völkel aus Bad Soden und Daniela Übelacker aus Eppstein/Ts., zu einem Schießtraining in der Schweiz aufgehalten. Sie wurden dabei von schweizerischen und deutschen AntifaschistInnen beobachtet, fotografiert und gefilmt, wie unter Anleitung eines Nationalratskandidaten der rechtsextremistischen „Schweizer Demokraten“ u.a. der Umgang mit dem Sturmgewehr geübt wurde.
Weiterlesen „Schießtraining hessischer Nazis heute in den TV-Nachrichten des Schweizer Fernsehens“
Kategorie: Medien, Presse
Spaltungstendenzen im Nazi-Lager?
Es kommt derzeit zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen NPD und den sogenannten „Autonomen Nationalisten“. Teile dieser Auseinandersetzungen waren auch in der Nazi-internen Auswertung der Frankfurter Demonstration am 7. Juli zu beobachten, als Marcel Wöll die „Autonomen Nationalisten“ sich auf „Altermedia“ internetöffentlich beschimpften, nachdem es während der Demonstration zwischen NPD-Ordnern und „Autonomen Nationalisten“ bereits erregte Wortwechsel und Handgreiflichkeiten gegeben hatte.
Mit einer deutlichen Distanzierung des NPD-Parteivorstands von „Vermummten“ erreicht dieser Konflikt im Moment einen neuen Höhepunkt (NPD-Blog.Info), auch wenn er sicherlich eher taktisch inszeniert wird: von einer wirklichen Spaltung zwischen NPD und der Kameradschaftsszene ist weit und breit nichts zu sehen. Der NPD-Parteivorstand hat nun eine Erklärung unter dem theatralischen Titel „Unsere Fahnen sind schwarz – unsere Blöcke nicht!“ veröffentlicht, welches mit der köstlichen Formulierung endet: „Hoch die schwarzen Fahnen der Wut, nieder die schwarzen Kappen der Vermummung!„.
NPD und „Autonome Nationalisten“ werfen sich derzeit gegenseitig „Systemhörigkeit“ vor. Dabei steht eins fest: „Sicherlich werden die `Autonomen Nationalisten` sich diese Unterstellung, sie würden `zum Teil des Systems`, nicht gefallen lassen. Besonders nicht von einer Partei, die sich zu zwei Dritteln aus `dem System` finanziert und dessen Funktionäre davon leben; ganz abgesehen von den Geldern des Verfassungsschutzes an die zahlreichen V-Leute in der Partei.“ (NPD-Blog.Info)
Berufung eingelegt: Staatsanwaltschaft fordert höhere Strafe für Wöll
Die Staatsanwaltschaft Gießen fordert eine höhere Strafe für Marcel Wöll, als sie das Amtsgericht Gießen im Volksverhetzungsprozess wegen Leugnung des Holocaust gegen den hessischen Nazi-Führer und NPD-Landeschef Marcel Wöll verhängt hatte. Am 7. August war der wegen Körperverletzung und anderen Delikten vorbestrafte „Bewährungsversager“ Wöll zu vier Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Dagegen haben seine Rechtsanwälte Berufung angekündigt. Nun zieht die Staatsanwaltschaft Gießen nach. Für einen Prozeß in zweiter Instanz vor dem Landgericht Gießen fordert sie eine höhere Strafe für die Leugnung des Holocaust. Für den Prozesstermin wird der Zeitraum Oktober genannt. Bericht in der Frankfurter Neuen Presse, 17. August: Weiterlesen „Berufung eingelegt: Staatsanwaltschaft fordert höhere Strafe für Wöll“
Die NPD und der Holocaust
Nach dem Urteil gegen NPD-Landeschef Marcel Wöll (Volksverhetzung, Leugnung des Nazi-Mordes an den europäischen Juden) weist NPD-Blog.Info auf einen aktuellen Artikel des NPD-Bundesvorstandsmitglieds Frank Schwerdt („Amt Recht“) hin, in dem es zum Wöll-Urteil heißt, der Straftatbestand der Holocaust-Leugnung diene dazu, „kritisches Hinterfragen der Darstellung der deutschen Geschichte vor allem in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts zu unterbinden“ und diskutiert die Frage, wie die NPD mit dem Problem des Holocaust und seiner Bewertung taktisch umgeht. Wie das heuchlerisch „kritisches Hinterfragen“ des Holocaust genannte Leugnen millionenfachen Mordes in der propagandistischen Praxis der NPD Hessen aussieht, ist zB. in dem von Wöll-Mitbewohner und hessischen NPD-Funktionär Christian Müller mitgedrehten Video „Politik-Sketch-10“ zu sehen (YouTube-Domain mit Nazi-Aktivist Kevin Schnippkoweit alias exvodsPhoenix) : zwei Personen beim Ballerspielen (!) vor dem Fernseher fragen sich gegenseitig: „Und woran denkst Du gerade?“ Antwort: „Natürlich an den Holocaust!“ – „Besser so für Dich“. Es folgt die Einblendung: „Wenn Du mal an etwas anderes denken möchtest: Kritische Nachrichten der Woche …“. Es ist genau die in diesem Video zum Ausdruck kommende sogenannte Meinung, die ein für alle Mal aus dem öffentlichen politischen und kulturellen Diskurs der Gesellschaft ausgeschlossen werden muß.
NPD-Nazi Wöll wieder verurteilt: Haft ohne Bewährung wegen Holocaust-Leugnung
hessen aktuell, 07.08.2007: NPD-Chef muss ins Gefängnis
- siehe auch: „Volksverhetzung und Holocaustleugnung: Marcel Wöll (NPD) verurteilt, Gefängnishaft“
- Steckbrief Marcel Wöll (NPD, “Freie Nationalisten Rhein-Main”, “Gruppe Nationaler Sozialisten”)
… weitere Reaktionen in der Frankfurter Presse zur Verurteilung von Wöll, Weiterlesen „NPD-Nazi Wöll wieder verurteilt: Haft ohne Bewährung wegen Holocaust-Leugnung“
FR über Nazis in Hessen: Prügel, Fackelmarsch und Telefonterror
Die Frankfurter Rundschau listet in ihrer aktuellen Ausgabe eine Auswahl- Chronologie „rechtsextremer Vorfälle“ in Hessen aus dem laufenden Jahr auf:
„Prügel, Fackelmarsch und Telefonterror„
auch über Wöll (NPD) wird berichtet:
„Neues Image für NPD„
„Der Parteichef stehe als Integrationsfigur für die Strategie der NPD, die Verbindung zwischen Partei und Kameradschaftsszene herzustellen. „Die NPD will weg vom Image der Altherrenpartei – und mit Marcel Wöll schafft sie das auch.“
Der 24-Jährige, der sich „nationaler Sozialist“ nennt, gehört selbst zur Kameradschaft der „Freien Nationalisten“ im Rhein-Main-Gebiet. Seine Wohnung im Butzbacher Ortsteil Hoch-Weisel dient als „Nationales Zentrum“ für Treffen und Schulungen der rechten Kameraden. […]
Er blies zum „Kampf um die Dörfer“ und zum „Kampf um die Schulen“, plädierte für eine Zusammenarbeit mit Neonazi-Kameradschaften und verlangte eine „Intellektualisierung der Jugend mittels Schulungslagern und Gründung eines nationalen Bildungswerks“
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Neue Rheinische Zeitung: Polizei, Nazis, Videos
In einem ausführlichen Beitrag in der „Neuen Rheinischen Zeitung“ werden die Ereignisse des 7. Juli informativ aufbereitet und insbesondere der Polizeieinsatz bewertet, Zwischenüberschriften:
20 Millionen Euro zum Schutz der Nazis, Beispiele für gezielte Desinformation, Nazi-Rechtsverstöße toleriert, Zweierlei Maß, Trotzdem: Kein schlechtes Ergebnis für die Antifa, Botschaft des Innenministeriums, Warum ausgerechnet Thiel?
(der Artikel als PDF-Datei)
Nach dem Nazi-Marsch: „…nicht bereit zur Tagesordnung überzugehen“
Die Fraktion Die Linke. im Frankfurter Römer ist angesichts der „in den letzten Tagen aufgetauchten Fotos und Zeugenaussagen, die belegen, dass bei dem Nazi-Aufmarsch am 7. Juli antisemitische und volksverhetzende Parolen gerufen und gegen Auflagen verstoßen wurde, […] u. a das Rufen der antisemitischen Parole „BRD – Judenstaat, wir haben dich zum Kotzen satt“, nicht bereit zur Tagesordnung überzugehen.„
Die Presseerklärung der Fraktion Die Linke. im Frankfurter Römer im Wortlaut, „Zeugenaussagen, Fotos und Videomaterial strafen die offizielle Darstellung des Nazi-Aufmarsches vom 7. Juli Lügen“: Weiterlesen „Nach dem Nazi-Marsch: „…nicht bereit zur Tagesordnung überzugehen““
10.000 protestieren in Tübingen, Nazi-Marsch gestoppt
Während selbst die BILD-Zeitung noch am 21. Juli angesichts der vielen Auflagenverstöße und antisemitischen Hetze auf der Nazi-Demo am 7. Juli in Frankfurt fragt, „Warum habt ihr DIE laufen lassen?“, stellten sich an diesem 21. Juli 10.000 Menschen in Tübingen knapp 230 Nazis entgegen. Weniger als ein Fünftel der Anzahl der in Frankfurt eingesetzten PolizistInnen wurde in Tübingen mobilisiert, nämlich 1.500, um die Nazis vor Ort zu ‚begleiten‘. Der Nazi-Aufmarsch der NPD-Jugendorganisation ‚Junge Nationaldemokraten“ wurde dort zudem von der Stadt Tübingen kurz zuvor verboten (OB Palmer: „Der braune Spuk hat bei uns nichts zu suchen.“), durfte dann aber unter Auflagen stattfinden. Doch weit kamen die Nazis nicht, denn schon nach wenigen hundert Metern geschah das, was in Frankfurt schon allein polizeilich hätte passieren müssen, der Nazi-Marsch wurde gestoppt und beendet.
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„Es reicht!“ …
… findet die Frankfurter Rundschau in einem sehr deutlichen Kommentar. Das ist die Reaktion auf das Verhalten der Frankfurter Polizeiführung am 7. Juli und ihren derzeit zu beobachtenden Versuch, jede Kritik daran schweigend auszusitzen.
Kommentator Felix Helbig zum polizeilichen Kuschelkurs gegenüber NPD-Antisemtismus und Nazigewalt am 7. Juli: Weiterlesen „„Es reicht!“ …“

