„… brutale Einsätze passen anscheinend nicht in das Bild des weltoffenen Frankfurt, das die Medien vermitteln wollen…“

Hiermit dokumentieren wir einen bislang nicht veröffentlichten Leserbrief an die FR, in dem deren Berichterstattung zu den Anti-Pegida-Protesten am 23.2. zurechtgerückt wird. Der Autor, Klaus Jung, ist Mitglied des Senior_innen-Arbeitskreises der IG Metall Frankfurt und seit deren Gründung 2002 in der Anti-Nazi-Koordination aktiv. Die von ihm aus nächster Nähe erlebte Szene ist auch als Video zu sehen und dokumentiert Pfeffersprayangriffe der Polizei durch das geschlossene Rolltor am Zugang zu B-Ebene.  Ein weiteres Video zeigt das Vorgehen der Polizei unmittelbar davor: gewaltsame Räumung der B-Ebene, um die Rassisten und Nazis von PEGIDA zur S- und U-Bahn geleiten zu können.

Wir haben am 23.02. am Protest gegen die Kundgebung der Pegida Frankfurt teilgenommen.

Wir 66 und 73 Jahre alt, erlebten einen kreativen, witzigen Protest von ein paar hundert jungen und auch älteren Menschen gegen die dumpfen, völkischen, volksverhetzenden Parolen der Pegidaanhänger die von einem Großaufgebot Polizei in Kampfanzug beschützt wurden.

Während des gesamten Protests ging keinerlei Gewalt von den Protestierenden aus, gegen Ende der Veranstaltung wurde von der Polizei durchgesagt, man solle keine Gegenstände werfen. Wir standen direkt am „Drängelgitter“ und konnten außer Konfetti, Seifenblasen und Papierschnipseln keine Gegenstände sehen.

Nach Beendigung der Aktion wollten wir mit der U-Bahn nach Hause fahren. In der B-Ebene hinderte uns ein massives Polizeiaufgebot am Betreten des Bahngeländes, die Zugänge der U-Bahn und die meisten Ausgänge der B-Ebene waren durch Gitter versperrt. Der Großteil der Teilnehmer der Gegenkundgebung war gezwungen, den Treppenabgang bei der Mainova zu benutzen. Die Polizei fing dann an, die Menschen an diesem Abgang wieder hinauf zu drängen.

Dann wurden wir, wie alle Passanten in der B-Ebene von Kolonnen von Polizisten hin und her getrieben. Wir wurden Zeugen wie Polizisten junge Menschen zusammenschlugen weil sie nicht schnell genug den Polizeibefehlen Folge leisteten, mussten mit ansehen, wie jungen Frauen im Teenageralter aus nächster Nähe Pfefferspray ins Gesicht gesprüht wurde und das im geschlossenen Areal der B-Ebene. Erst dann flogen einzelne Gegenstände in Richtung Polizei.

Versuche unsererseits, mit den Polizisten wegen dieser Brutalität zu sprechen wurden mit Androhung von polizeilicher Gewalt und menschenverachtenden Kommentaren unterbunden („sei froh, dass du noch lebst!“). Dieser ganze Einsatz diente einzig und allein dazu, Rassisten und Nazis in die U-Bahn zu geleiten. All dies haben wir nach Abschluss des Protestes erlebt.

In den Zeitungen, auch in der FR, wird darüber nichts berichtet. Hier ist nur die Stellungnahme der Polizei zu lesen. Übergriffe der Polizei, brutale Einsätze, passen anscheinend nicht in das Bild des weltoffenen Frankfurt, das die Medien vermitteln wollen.

Gerlinde und Klaus Jung, Frankfurt am Main

23.2.: PEGIDA will schon wieder auf den „Platz des Rassismus“ an der Hauptwache

Pegida-FFM-2

Platz für Rassisten und Nazis: was es nach Ansicht von OB Feldmann (SPD) und den HonoratiorInnen des Römerbergbündnis in Frankfurt „nicht gibt„, Platz für Rassismus, Nazis, Islamhass – hier kann man es in seiner wachsenden Ausdehnung besichtigen (Quelle).
Von Oberbürgermeister, Stadtverordnetenvorsteher, DGB-Vorsitzendem und den führenden VertreterInnen der Kirchen wurde an den polizeilich unter anderem auch mit Pfefferspray gesicherten Absperrgittern rund um den Montag für Montag real existierenden „Platz für Rassismus“ bisher noch niemand gesichtet. Es ist zweierlei, etwas zu behaupten, oder dafür zu sorgen, daß es auch wirklich geschieht.
Wir müssen und werden gemeinsam und entschlossen selbst aktiv werden.
Die nächste Gelegenheit dafür ist am 23.2. zu erwarten.
Nach einer Karnevalspause hat PEGIDA Frankfurt angekündigt, an diesem Tag erneut seinen „Platz des Rassismus“ im Käfig einnehmen zu wollen. Die Anti-Nazi-Koordination und einige verbündete Gruppen rufen dazu auf, am 23.2. ab 16:30 erneut die hauptwache dicht zu machen. Den Aufruf dazu bitte ausdrucken, kpieren, verteilen, plakatieren, weitermailen: ANK-Aufruf gegen PEGIDA 23.2.2015 [update: auch die Gruppe NEUE FRAU und das Türkische Volkshaus unterstützen inzwischen den Aufruf.]

Weitere Infos folgen.

[update]
Inzwischen gibt es einen Aufruf verschiedener Gruppen (Jusos, GRÜNE, IL, kritik&praxis, turn*left …, am kommenden Montag ab 16:30 Uhr nicht zur Hauptwache, sondern zu einer Demo an den Kaisersack/Hauptbahnhof zu kommen und von dort zur Hauptwache zu gehen. Wir finden, daß dieser Plan das Risiko beinaltet, daß alle, die diesem Aufruf folgen, nur an der Hauptwache ankommen werden, wenn das der Polizei genehm ist. Mit solchen Szenarien gibt es ja in Frankfurt aus den letzten jahren einige Erfahrungen. Nach unserer Ansicht hat eine Blockade der PEGIDA-Rassisten vor Ort Priorität und muß auf jeden Fall sicher stehen. Deshalb rufen wir alle AntifaschistInnen auf, am kommenden Montag ab 16:30 zur Hauptwache zu kommen. Gib PEGIDA keine Chance!

9.2.2015, 16:30 Uhr, Hauptwache: PEGIDA erneut entgegentreten.

Das antifaschistische Aktionsbündnis Anti-Nazi-Koordination Frankfurt hat gestern beschlossen, auch künftig sämtlichen Veranstaltungen von PEGIDA Frankfurt, wann und wo auch immer sie stattfinden sollten, entgegenzutreten. PEGIDA vertritt nach unserer Auffassung eine rassistische und menschenfeindliche Hetze, die sich zwar in erster Linie gegen den Islam und Muslime richtet, darüber hinaus aber auch gegen Flüchtlinge, ArbeitsmigrantInnen und alle, die nicht in ihr extrem rechtes und fundamentalistisches Bild des „Abendlands“ passen.
Wenn PEGIDA Frankfurt Spielraum gelassen würde, bestünde die Gefahr, dass sich, wie bisher schon, künftig jeden Montag an de Hauptwache ein Tummelplatz für extrem rechte und rassistische Kräfte öffnen würde. Es ist bisher einzig und allein den antifaschistischen GegendemonstrantInnen zu verdanken, dass es dazu – trotz aller Bemühungen der Polizei – bisher nicht gekommen ist. Trotz der erst vor kurzem auf dem Römer feierlich abgelegten Versprechen, in Frankfurt „sei kein Platz für Rassismus“ kann man den Versuch, einen solchen Platz für Rassismus mit polizeilicher Hilfe zu schaffen, Montag für Montag an der Hauptwache besichtigen.

Wir rufen alle Menschen, die das wie wir nicht dulden wollen, dazu auf, auch am kommenden Montag, 9.2., um 16:30 zu Hauptwache zu kommen und PEGIDA entschlossen entgegenzutreten.

Wer ist PEGIDA Frankfurt?

PEGIDA Frankfurt
PEGIDA Frankfurt in voller Aktion.

Vorne links: Matthias Mund (Stadtverordneter, Freie Wähler), Heidi Mund (hier bei einer Rede vor den HoGeSa-Nazis in Hannover einschließlich Segnung der Hools); erster von links am Transparent: Rotem Avituv (Rede des nationalistischen Israelis und stolzen Deutschen an der Katharinenkirche). Ferner zu erkennen: hinter dem PEGIDA-Transparent in weißer Kleidung: Burghardt Bangert, antisemitischer und antikommunistischer „keltischer Druide“ des badischen Esoterik-Zirkus. Zwei Personen weiter rechts im Hintergrund mit Kapuze, Deutschland-Fahne schwenkend: Wolfgang Luley, ehemaliger Linker, heute bei der „Identitären Bewegung“ des Rhein-Main-Gebiets . Hier weitere Infos zu Luley und Bangert.
Stefan Jagsch (NPD Hessen; hier mit Regenschirm während der PEGIDA-Kundgebung; auf demselben Foto links von ihm mit bauner Jacke: Jan Kalbhenn, „pro Deutschland“ Wetterau) und Kai König (Nationale Sozialisten Rhein-Main; Infos Kai König) sind drei von mehreren anwesenden Nazis, hinzu kamen etwa zwanzig Aktive der HoGeSa-Szene. Weitere Infos folgen.

Und worum geht es? PEGIDA Frankfurt hat bislang keine eigenen Forderungen erhoben. Man kann vermuten, worum es geht, wenn man Munds Reden in anderen Städten hört. Da geht es zB um den „Stolz auf deutsche Männer, die noch einen Arsch in der Hose haben …„, so die evangelikale Heidi  in Hannover. Das zeigt aber auch ein Blick auf die berufliche Tätigkeit des Ehepaars Mund, das gemeinsam mit Freien Wählern, AfD, pro Deutschland, NPD, HoGeSa-Hooligans im Zentrum von PEGIDA Frankfurt steht. Es geht um „Integration„. Kein Scherz.

Schlechtes Benehmen?
Kein Plan, was Du willst?
Hoffnungsvoller Unternehmer in spe?
Firmamus – Heidi Mund als Oasenwärterin in der Wertewüste

Heidemarie und Mathias Mund verdienen ihr Geld in einer Firma mit Sitz im Frankfurter Schelmenweg (sic!), die sich, kein Witz, mit der Ausbildungs- und Berufswegeplanung und -beratung von Jugendlichen beschäftigt. „Wertschätzende, d.h. respektvolle und anerkennende, Ermutigung ist die Grundhaltung bei all unserem Tun, Jugendlichen in Veränderungsprozessen Orientierung zu geben und ihnen helfend zur Seite zu stehen“ – sofern es sich bei ihnen nicht um Muslime handelt, ist zu vermuten.

Mehrere Personen der für Firmamus Tätigen lassen in ihrer Selbstvorstellung einen ausgesprochen evangelikalen Hintergrund erkennen. Ziel der Arbeit von Firmamus mit Schüler_innen, Azubis und Student_innen ist unter anderem ihre Fähigkeit zu social entrepreneurship: „eine sozialunternehmerische Tätigkeit, die sich innovativ, pragmatisch und langfristig für einen wesentlichen, positiven Wandel einer Gesellschaft einsetzen will„.

Ein positiver Wertewandel im Sinne von PEGIDA, HoGeSa, offenen Nazis?

Man möchte also nicht nur junge Menschen „werteorientiert“ kräftigen, sondern verfolgt damit also auch einen indirektes gesellschaftsgestaltendes Ziel. Um welche es sich dabei anscheinend handelt, kann man auf dem Foto oben sehen: es dokumentiert vermutlich, welche Mischung von Menschen und Werten hier wohl gemeint ist.

Firmamus wendet sich dabei nicht zuletzt an Menschen, die eine unternehmerische Karriere planen: „Wir fördern Entrepreneurship bei unseren JuPes (junge Persönlichkeiten). Jeder Jugendliche soll seinen Weg finden, auf dem er seine Begabungen voll, auch zum Wohle anderer, einsetzen kann. Diese Entscheidungen unserer jungen Menschen beinhalten auch ein junges Unternehmertum, das wiedrum für andere Arbeitsplätze und damit Wohlstand schafft. Dieses wollen wir im Institut unterstützen“ heißt es auf der Internetseite dieses modernen Instituts für Prinzenerziehung und darum ganz ungegendert, wofür Mund zB. gleich am Anfang ihrer Rede in Kassel ja auch ganz ausdrücklich eintritt: gendern ist „Schwachsinn, Schwachsinn„.

Leider wieder kein Witz: im Jahr 2009 war Heidemarie Mund, damals als Lehrerin an der Frankfurter Merton-Schule, Leiterin des Gewinnerteams des Integrationspreises der Bertelsmann-Stiftung „Integration durch Bildung“. Hört man sich ihre zunehmend enthusiasmiert wirkenden Reden in Hannover, Kassel, Frankfurt an, dann kann man nur sagen: interessant, was die Bertelsmann-Stiftung unter Integration und Bildung zu verstehen scheint.

Und Hans Joachim Hahn, ebenfalls evangelikaler Aktivist, seines Zeichens „Vortragsredner“, befindet:
In dieser Wertewüste ist Firmamus eine hoffnungsvolle Oase, der ich einen segens- reichen und fruchtbaren Einfluss in der pädagogischen Landschaft wünsche.

Da kann man auch  völlig anderer Meinung sein.

Während des Frankfurter Moscheebaustreits 2007 ff stand mit Hiltrud Schröter bereits schon einmal eine Ex-Lehrerin  und fundamentalistische Katholikin nahe der Pius-Bruderschaft als Wortführerin antiislamisch-rassistischer Kräfte im Vordergrund.
Ihre Ex-Kollegin Heidi Mund kommt diesmal von evangelisch-fundamentalistischer Seite.
Zu Schröter und ihrer Interpretation von „Islam“, „Islamkritik“ usw. vgl. die beiden Aufsätze „Die Religion der ‚Islamkritik‚“ und „Hiltrud Schröters Verteidigung der imperialistischen Gesellschaft“ (beide zusammen als PDF hier), zur Logik der Propaganda des antiislamischen Rassismus als Hoax am Beispiel des rassistischen Films „Innocence of Muslims“ vgl. hier.

PEGIDA Frankfurt kündigt an, wöchentlich wiederzukommen. Beginn: Montag, 2.2. Gegenaktionen jeweils ab 16:30 vor Ort.

Gegen PEGIDA

PEGIDA Frankfurt hat für ein gesamtes Jahr Montags von 17 – 21 Uhr Kundgebungen an der Frankfurter Hauptwache angemeldet. Die Anti-Nazi-Koordination ruft dazu auf, diesen rassistischen und faschistischen Zusammentreffen energisch entgegenzutreten. Bei PEGIDA Frankfurt und ihrer Führerin Mund geben sich Rassisten, Nazis verschiedener Gruppen (NPD, NaSo Rhein-Main, Autonome Nationalisten), AfD und Freie Wähler sowie „christliche“ Abendlandfundis ein übles Rendezvous. Dass Mund und ihr Mann offenbar ungehindert davon leben können, über ihre Firma „firmamus“ ihr Geld im Jugendbildungsbereich zu verdienen, zeigt, was in der „weltoffenen Stadt Frankfurt“ alles möglich ist.
Alle Menschen, die keine Lust auf Rassismus, Nationalismus und die unsägliche Hetze gegen Muslime haben, die von PEGIDA ausgeht, sind eingeladen, vor Ort mit Kreativität und Spaß PEGIDA die Lust zu vermiesen, in Frankfurt auftreten zu können.

Treffen jeweils: Hauptwache, 16:30
BRINGT ALLES MIT, WAS KRACH MACHT!

weitere Infos:

antinazi.wordpress.com
antifa-frankfurt.org
https://www.facebook.com/NOFRAGIDA1
https://www.facebook.com/nopegidaffm

und natürlich auch hier.