30. März: Heidi Munds „Freie Bürger“ bauen weiter ab. Gegenaktionen weiter notwendig!

Am Montag Abend trafen sich nur noch 30 bis 40 „Freie Bürger für Frankfurt„, dem Nachfolgeprojekt der in der Stadt nach eigenem Eingeständnis gescheiterten PEGIDA-Bewegung. In einer Veranstaltung der letzten Woche hatte Wolfgang Hübner, bisher noch „Freie Wähler“ (FW)  in einer Rede, deren Wortlaut uns vorliegt, angekündigt, bei den kommenden Kommunalwahlen nicht mehr für die FW antreten zu wollen, sondern den Begriff der „Freien Bürger“ für sich und seine Gruppierung nutzen zu wollen. Hübner nahm gegen Ende der Rassistekundgebung denn auch an ihr teil. Dazu passt auch, daß Matthias Mund, Ehemann der derzeitigen PEGIDA-Ersatzorganisation in Frankfurt, mit Hübner gemeinsam in derselben Fraktion der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung aktiv ist. Trotz aller taktischen Distanz zu den absehbaren Verlierer_innen um die islamhassende religiöse Fundamentalistin Heidi Mund steht Hübner offenbar durchaus hinter deren Positionen.

Auf dem Römerberg standen der Handvoll „Freier Bürger“ 600 – 700 Gegegendemonstrant_innen  gegenüber.  Die Anti-Nazi-Koordination (ANK) kritisiert die massiven Personen-  und Taschenkontrollen durch die Polizei im Vorfeld. Insbesondere wurden  migrantisch aussehende  Personen kontrolliert. Zur Erinnerung an die Polizei: racial profiling ist vom Bundesverfassungsgericht  untersagt  worden!
Außerdem erinnert die ANK daran, dass Oberbürgermeister Feldmann  noch vor 2 Monaten auf dem Römerberg mal wieder feierlich verkündet hat, dass es hier in Frankfurt keinen Platz für Rassisten gebe. Bei der jetzigen  Kundgebung  der Rassist_innen am selben Ort wurden keinerlei Massnahmen der Stadt getroffen, die Kundgebung zu verhindern oder auch nur kritisch zu begleiten. Die rassistische Propaganda  ging dieses Mal sogar von der Stelle aus,  an der die Plakette  zum Gedenken an die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933  auf dem Römerberg eingelassen ist. Das scheint dem Magistrat aber egal zu sein. Ordnungsdezernent Uwe Becker (CDU) wurde gesehen, wie er gegen 16 Uhr fluchtartig den Römerberg verliess. Irgendwelche sonstigen Honoratior_innen des „Römerbergbündnis“ wurden erwartungsgemäß nicht aktiv. Die am 26. Januar erfolgte Feier ihrer selbst scheint ihnen zu genügen. Die Gegendemonstrationen kamen seither nicht nur ohne sie aus, sondern werden regelmäßig und ohne jede Widerrede oder auch nur kritischen Kommentar durch zB. OB Peter Feldmann (SPD) durch die Frankfurter Polizei schikaniert, wie auch diesmal wieder.

Eine mögliche  Demonstration der „Freien Bürger  für Deutschland“ wurde durch das entschiedene Auftreten der Gegendemonstrant_innen verhindert. Dieser Erfolg  wurde daraufhin mit einer Spontandemonstration  Richtung Hauptbahnhof gefeiert.

Heidi Mund kündigte für Samstag,11.4., 15:30 hren nächsten Auftritt an – Ort noch unbekannt. Die ANK meldet für die nächsten Montage Plätze in Frankfurt an, um das weitere Auftreten der  Pegida Ableger zu verhindern und ruft zu weiteren  erfolgreichen Störaktionen auf. Unterstützt uuns dabei, die Rassist_innen und ihren Nazi-Anhang endgültig zu einem Kapitel der Vergangenheit in Frankfurt zu machen!

Haltet Euch über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden. Wir informieren Euch über alle weiteren Entwicklungen.

NSU-VS-Komplex: nächste Zeugin tot. Ursache unklar.

Nach dem VS-Doppelagenten „Corelli“ ist nun eine weitere Schlüsselperson im Aufarbeitungsprozess des NSU-VS-Komplexes tot: Melisa Marianovic, Ex-Freundin von Florian Heilig, der seinerseits unmittelbar vor einer Zeugenaussage bezüglich des Mordes an der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007, ebenfalls im NSU-Zusammenhang, in seinem Auto verbrannte.
Angeblich hatte er sich mit Benzin übergossen und selbst angezündet. Aus Liebeskummer, wie die Polizei behauptete zu wissen. Trotzdem befragte sie seine Ex-Freundin nie.

Diese sagte nun, quasi nachholend,  im baden-württembergischen NSU-Untersuchungsausschuss aus – in geheimer Sitzung, weil sie sich bedroht fühlte. Nun ist sie tot. Ursache bislang unklar. Zum Zusammenhang: Wolf Wetzel.

Dass angesichts einer Nazi-Terrorgruppe, die nachweislich von staatlichen „Sicherheitsstrukturen“ aus Steuergeldern mitfinanziert und bewaffnet worden ist, jahrelang mordend durchs Land zog und in einem Fall sogar in Anwesenheit eines „Verfassungsschützers“ einen Migranten ermordete, und bei deren „Aufarbeitung“ fortgesetzt Beweismaterial vernichtet und sogar Zeugen urplötzlich aus ungeklärten Gründen sterben  – daß angesichts solcher Vorfälle sogenannte „Verschwörungstheorien“ entstehen, ist begreiflich, aber falsch. Falsch, denn praktisch jede halbwegs plausible Verschwörungsphantasie in dieser Frage ist inzwischen von der harten Realität überholt.
Richtig ist, daß der Staat BRD knietief in einer blutigen Verschwörungspraxis steckt, die über Leichen geht. Die Mitwisser, -täter und -organisatoren dieser Aktivitäten eines „tiefen Staats“ in der BRD sind dieselben, die anlässlich der Blockupy-Proteste zu „Gewaltlosigkeit“ aufgefordert haben.

PEGIDA Frankfurt: unbelehrbar.

Ausgerechnet die um Pädagogin Heidemarie Mund gescharten „Freien Bürger für Deutschland“ sind unbelehrbar. Ihr gestriger Versuch, sich auf dem Frankfurter Rosmarkt zu einem „Zeichen“ gegen „inksextreme lGewalt“ usw. zu treffen verlief genauso oder schlimmer als die vorherigen Versuche an der allerdings für sie viel günstigeren, weil öffentlicher gelegenen Katharinenkirche. Anscheinend wollte PEGIDA Frankfurt nach ihrer wegen Erfolglosigkeit verhängten Maßegelung durch den vorbestraften Hitler-Imitator Bachmann selbigem den Stinkefinger zeigen und hatte sich einen womöglich noch größeren Platz für ihre Miniversammlung ausgesucht. Dort, wo Mund sich nun umzingeln und mit Eiern bewerfen lassen mußte, dürfte das kaum jemand mitbekommen haben, der nicht gezielt auf dem Weg zu ihr war. Und das waren handgezählt 37 Personen.

Ihnen standen etwa 700 bis 1000 Gegendemonstran_tinnen gegenüber und beschäftigten Mund, Stürzenbecher und die Polizei. Letztere versuchte zunächst fast alles, um unseren Lautsprecherwagen nicht auf den Rossmarkt zu lassen, konnte dies aber letztlich dank unserer Entschlossenheit nicht verhindern, ein Vorgang, den Mund einen wohltuenden Moment lang fassungslos den ihren halten ließ. Es waren zahlreiche nicht in Gruppen organisierte Gegner der PEGIDAzis vor Ort, wobei auffällt, daß das Durchschnittsalter der Aktivist_innen von Mal zu Mal immer weiter abnimmt. Ein guter Trend.

Stürzenberger hetzte in der für ihn typischen Weise gegen Muslime, Linke, Schwule und Lesben. Alle, die nicht so denken wie er, erklärte er für „Idioten„. Er kündigte an, PEGIDA werde künftig das Thema der „Frühsexualisierung von Kindern“ in den Mittelpunkt der reaktionären Propaganda stellen, was immer das heißen soll. Die vollmundige Ankündigung: „in Frankfurt ist der Linksextremismus entstanden, in Frankfurt wird er sein Ende finden„, sorgte für Belustigung. Wobei dieser Satz, vermutlich gerichtet an die Adresse der Frankfurter Schule und ihre Exponenten Horkheimer und Adorno, für einen Moment lang aufblitzen lässt, wen Mund und Stürzenberger für das, in ihrer Sicht, derzeitige Ungemach Deutschlands verantwortlich halten:  nicht den Islam, sondern linke jüdische Intellektuelle. Mund erklärte folgerichtig abschließend, es sei doch nichts dabei, die erste Strophe des „Deutschlandlieds“ zu singen, sang dann aber doch lieber die dritte in ihrem eigentümlichen cheer-leader-style.
Ein Panoptikum des Grauens.

Im Lauf des Abends wurden nach bisherigem Kenntnisstand sechs Personen festgenommen und eine Person durch die Polizei verletzt. Munds Sekte versuchte zu keinem Zeitpunkt, zu einer Demonstration aufzubrechen, sondern verschwand polizeieskortiert in der Unterwelt durch einen Tiefgaragenabgang mit U-Bahn-Anschluss Richtung Südbahnhof. Die Gegendemonstrant_innen brachen zu einer Spontandemo auf, die nach etwa einer Stunde Katz- und Maus-Spiel mit der Polizei am HBF endete. Diesen liess die Polizei leicht panisch für etwa 20 Minuten schliessen und kesselte einen Teil der Demo ein.

Selbst Mund sollte langsam dämmern, daß sie in dieser Weise nicht weiterkommt. Sie könnte natürlich noch in den folgenden dreihundert Jahren immer wieder Montags versuchen, zu demonstrieren. Zuzutrauen ist ihr das. Wie alle religiösen Sektierer ist sie in gewisser Hinsicht erfahrungsresistent und unbelehrbar, wirkt aber bereits jetzt von mal zu Mal rigider und schriller. Ändern wird sie, „leader Heidi„, in Frankfurt dadurch nichts.

Unsere Stimmung ist gut. Die ANK hat in den vergangenen Wochen zahlreiche neue Kontakte geknüpft und trainiert die Kooperation sowie wechselnde Aktionsformen allwöchentlich. Weiter so.

Der nächste Mund-Gang von PEGIDA Frankfurt findet am kommenden Montag, 30.3., 18:30 wieder auf dem Rossmarkt statt. Die ANK ruft heute schon alle Demokrat_innen und Antifaschist_innen dazu auf, sich ab 17:00 auf dem Rossmarkt zu treffen. Weitere Infos hier, bei antifa-frankfurt.org und bei nofragida auf Facebook.

Berichte: FR, FNP, HR, nofragida

Holger Apfel, Ex-NPD, sucht Quartier in Bruchköbel

Wie aus antifaschistischen Kreisen gerade bekannt wurde, versucht der ehemalige Bundesvorsitzende der NPD, Holger Apfel (Foto) ein Quartier in Bruchköbel bei Hanau zu finden. Apfel war bis Ende 2013 Bundesvorsitzender der NPD und stand auch dem sächsischen Landesverband sowie der sächsischen Landtagsfraktion seiner Partei vor, bevor ihm wegen eines versuchten sexuellen Übergriffs der Ausschluss aus der NPD angedroht wurde, dem er mit seinem Austritt zuvorkam..
In Bruchköbel findet alljährlich am Karfreitag (in diesem Jahr: 3. April) der Auftakt des hessischen Ostermarschs statt. In den vergangenen Jahren hatten immer wieder NPD-Nazis versucht, gegen den Willen der Versammlungsleitung daran teilzunehmen. 2013 hatte die Polizei sogar angekündigt, eine solche Teilnahme mit Gewalt durchzusetzen, weil es der NPD als „opponierendem Teil der Versammlung“ aufgrund des Versammlungsrechts angeblich zustehe, daran teilzunehmen, ob das seitens des Ostermarschs erwünscht sei oder nicht. 2013 konnte die Teilnahme von Nazis auf dem Ostermarschs erfolgreich verhindert werden. Es ist denkbar, daß Apfels Auftauchen in der Gegend auf einen erneuten Versuch dieser Art hindeutet. Eine Mobilisierung der Hessen-NPD in diesem Sinn ist bisher nicht bekannt, aber das kann sich ja ändern. Zudem waren 2012 und 2013 auch nicht NPDler, sondern Leute der „Nationalen Sozialisten Rhein-Main“ vor Ort. Haltet also die Augen offen und haltet Euch informiert, zum Beispiel hier!

Zwischenruf: Gewalt in Frankfurt

Am 9. März ermöglichte die Polizei erstmals 35 PEGIDA-Anhänger_innen ihren Spaziergang, nachdem sie das an den fünf Montagen zuvor nicht getan hatte. Woher der Sinneswandel der Polizeiführung stammte und welches Ziel damit verfolgt wird, wird nicht öffentlich diskutiert. Es dürfte in der medialen und polizeilichen Vorbereitung auf die Blockupy-Aktionen am 18. März zu suchen sein.
Über die Formen gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen PEGIDA, Polizei und antifaschistischen Gegendemonstrant_nnen wird praktisch ausschließlich ausserhalb des komplexen Zusammenhangs der Kräfte an diesem Abend diskutiert und so getan, als habe die antifaschistische Gegenaktion das alleinige „Ziel“ verfolgt, Gewalt zu üben. Von ihr wird darum auch im hohen moralischen Ton die Distanzierung von Gewalt und Gewalttätern gefordert.

Die Gewalt des Abends ging zunächst von den PEGIDAazis aus.
Ihr Sprecher Michael Stürzenberger hetzte in beispielloser Weise gegen homosexuelle Frauen und Männer, MigrantInnen, Linke, GRÜNE, Antifa, die Medien, „den Islam“ und „den Koran“ und alles andere, was ihm vor die argumentative Schrotflinte kam. Bislang hat niemand etwa PEGIDA-Führerin H. Mund aufgefordert, sich von diesen volksverhetzenden Brandreden zu distanzieren. Diese gewaltfördernde verbale Hetze wird durch das Schweigen von Medien und Stadtgesellschaft in Frankfurt praktisch für legitim erklärt und damit in den Rang diskussionswürdiger Ansichten erhoben. Was das bedeutet kann nur ermessen, wer weiß, was Stürzenberger so zu sagen pflegt: Video seiner Rede vor „HoGeSa“ in Hannover, November 2014.
Niemand außer den als „Linksextremisten“ Bezeichneten scheint das in Frankfurt für Gewalt zu halten.
PEGIDA rief mehrmals: „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen.“ Das war bis vor kurzem noch eine gegen Linke und Migrant_innen gerichtete Nazi-Parole. Sie, wie vorgestern geschehen, vor der Katharinenkirche in Frankfurt zu skandieren, wird in dieser Stadt gewaltsam polizeilich geschützt und politisch nicht verurteilt. Stattdessen hetzt CDU-Vorsitzender Becker öffentlich gegen Antifaschist_innen.
Der Auftritt von Stürzenberger und PEGIDA in Frankfurt wurde endlich passend abgeschlossen durch den gemeinsamen Gesang der ersten Strophe des „Deutschlandlieds„. Auch keine Diskussion, auch keine Gewalt. Ist ja nur ein Lied.

In zweiter Linie ging Gewalt von denen aus, die berufsmäßig auf die Ausübung von körperlicher Gewalt am besten vorbereitet und dafür ausgerüstet sind: der Polizei. Sie hatte bereits durch ihre Präsenz den Auftritt der verbalen Gewalttäter_innen von PEGIDA ermöglicht, als sie sich dann auch noch dazu entschloss, der Hälfte dieser Rassist_innen eine Demonstration durch die Innenstadt zu organisieren. Zuvor hatte sie öffentlich erklärt, die Veranstaltung sei beendet. Minuten später stürmte sie in Hundertschaftststärke den sich leerenden Platz auf der Hauptwache. Ein solches Verhalten wird in Frankfurt nicht als Gewalt diskutiert.
Antifaschist_innen des Internationalen Zentrums haben mit der Kamera dokumentiert, was sich auf dem Weg von der Hauptwache zum Willy-Brandt-Platz abspielte. Die Rede ist von 90 verletzten Gegendemonstrant_innen anlässlich dieser Aktion – dreimal so viel Menschen, wie der PEGIDAzi-Spaziergang umfasste. Dass die polizeiliche Durchsetzung dieses Spaziergangs nur dank dieser blutigen Gewalt möglich war, ist ebenfalls keiner öffentlichen Diskussion über Gewalt in Frankfurt wert.
Wer das Video des Internationalen Zentrums sieht, kann sich ausmalen, wie sich Menschen gefühlt haben mögen, die von riot-cops der Polizei mit Knüppeln und Capsaicin-Kampfgas aus dem Hause Hoernecke malträtiert und zeitgleich wie zum Hohn via Twitternachricht  vom Polizeisprecher zur „Distanzierung von Gewalt“ aufgefordert wurden. Im Grunde war das die polizeiliche Aufforderung dazu, sich im Namen der Sicherheit von Nazis und Rassisten, für die es in Frankfurt nach Aussage der Würdenträger am 26. Januar, Römerberg, angeblich „keinen Platz gibt„, widerstandslos verprügeln zu lassen. Das ist nichts anderes als der Zynismus und die Arroganz der Macht technischer und physischer Überlegenheit. Sie ist eine Form von Gewalt, die in Frankfurt ebenfalls nicht thematisiert wird. Statt dessen beklagen sich die bewaffneten Gewaltausübenden nun, Opfer von Gewalt geworden zu sein.

Ausnahmslos jede Situation, in der Menschen verbale, körperliche, sexistische, rassistische, nationalistische, kriminelle, profitgetriebene und strukturelle Gewalt angetan wird, ist verabscheuenswert und muß radikal, das heißt: an ihrer Wurzel, bekämpft werden.

Wer aber zur Distanzierung von Gegengewalt aufruft, ohne die Gewalt, gegen die sie sich richtet, zu verurteilen, ruft damit zur Gewalt auf.

PEGIDA, Polizei, Gewalt: Überlegungen und ein Leserbrief

Zur Gewalt seine Zuflucht nehmen
Scheint böse.
Aber da, was ständig geübt wird, Gewalt ist
Ist es nichts Besonderes.

Bertolt Brecht

Zur Frage der Gewalt ist seit langem alles Wichtige gesagt.

Das gilt auch für die Auseinandersetzungen um Gewalt im Zusammenhang der gegenwärtigen Aktionen gegen das allwöchentliche PEGIDA-Melodram: am gestrigen 9. März waren es nach Presseberichten und Angaben der Polizei noch exakt 35 gut ausgewiesene Rassist_innen und Nazis, die unter Führung von H. Mund ihren „Spaziergang“ durch Frankfurt durchsetzen wollten. Die Polizei hatte gegen 20 Uhr über Twitter und Lautsprecherdurchsage verkündet, die PEGIDA-Veranstaltung sei beendet – Desinformation, wie sich bald herausstellte. Menschen verließen in Gruppen die Hauptwache. An den verbliebenen Blockadepunkten um die Katharinenkirche herum herrschte gelöste Stimmung.
Mitten in diese Situation hinein stürmte eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei auf die Hauptwache und prügelte für 35 PEGIDAzis einen Weg in Richtung Rathenauplatz frei. Antifaschistische Bockaden auf dem Weg dorthin wurden von der Polzei gewaltsam durchbrochen. Es gab Pfefferspray und Knüppeleinsätze. Es ist derzeit die Rede von etwa 90 Verletzten. Am Willy-Brandt-Platz eskalierte dann die Situation, nachdem dort die PEGIDAzis in die U-Bahn verfrachtet wurden, von wo aus sie (auf Staatskosten, ohne zu bezahlen, wie schon in den Wochen zuvor: rassistische Schwarzfahrer_innen unter BFE-Schutz) zum Südbahnof fuhren.

Teile der Medien stellen nun unsisono mit der Polizei AntifaschistInnen die in solchen Situationen immer wiederkehrende Forderung, sich von „den Gewalttätern zu distanzieren„, womit regelmäßig und aus dem Zusammenhang der Ereignisse gerisssen Formen antifaschistischen Verhaltens gemeint sind (und nicht etwa die Polizei).

Nicht diskutiert wird öffentlich, daß aus den Reihen der PEGIDAzis unter den Augen der Polizei Steine und Flaschen auf AntifaschistInnen geworfen worden waren: Gedächtnisprotokoll 10.3.2015 Rossmarkt

Nicht diskutiert wird, daß ein martialischer Auftritt von Hunderten Riotcops für dreihundert Meter „Spaziergang“ von 35 PEGIDAzis kaum „verhältnismäßig“ sein dürfte, also wohl politischen Vorgaben folgte.
Welchen?
Auch das wird nicht diskutiert.

Wogegen die oben genannten Formen antifaschistischen Verhaltens sich richteten, geht unter anderem aus dem unten folgenden Text hervor, der aus der Sicht eines Zeugen berichtet.

Die Forderung nach einer Distanzierung von Gegengewalt ohne zugleich eine Distanzierung von der Gewalt, gegen die sie sich richtet, ist nichts anderes als eine Befürwortung von Gewalt.


Leserbrief des Frankfurter Antifaschisten Peter Paschke zum FR-Bericht „Krawalle nach Pegida-Demo“, print-Ausgabe, 10.3.2015

„Distanziert euch von Gewalttätern!

Die FR reiht sich ein in die Medien, die sich darauf beschränken, das wiederzugeben und zu bekräftigen, was von der Polizei dargestellt wird. „… ließ die Polizei die knapp 80 Pegida-Anhänger gegen 20:30 Uhr in einem kleinen Demonstrationszug über Kaiserstraße und Friedensstraße in Richtung Hauptbahnhof ziehen.“

Was die FR nicht berichtet, ist folgendes: Über Twitter hatte die Einsatzleitung den Gegendemonstranten vorher mitgeteilt, dass die Kundgebung und damit die Veranstaltung der Pegida-Teilnehmer beendet sei. Als die ersten Gegendemonstranten die Hauptwache verließen und sich auf den Heimweg machten, wurde die Polizeiabsperrung zwischen Katharinenkirche und Sportarena geöffnet und unter dem flankierenden Schutz mehrerer behelmter Züge der Polizei wurde der Weg auf dem Bürgersteig entlang der Geschäfte von Gegendemonstranten „freigeräumt“.

Das sah u. a. so aus: Junge Leute hatten sich spontan auf dem Trottoir niedergelassen, um mit einer Sitzblockade den Marsch der Pediga-Teilnehmer zu behindern. Ein behelmter Polizist stößt eine etwa 20jährige Frau um, so dass sie auf dem Rücken liegt. Der Beamte nimmt sein Pfefferspray und sprüht aus kürzester Entfernung in das Gesicht der jungen Frau. Die Kollegen des Polizisten schreiten nicht ein, lassen ihn gewähren. Das „Freiräumen“ geht weiter.

Auf Twitter erscheint gegen 21:30 Uhr ein Tweet der Polizei mit dem Aufruf: Distanziert euch von Gewalttätern.

Ja, ich distanziere mich von den Gewalttätern. Denn der Korpsgeist ist immer noch da. Die schwere Körperverletzung im Amt bleibt unverfolgt, ungeahndet. Die Vorgesetzten decken die Straftaten ihrer Untergebenen und schützen sie vor Strafverfolgung. Die offiziellen Sprecher der Polizei behaupten pauschal, die Beamten seien zuvor angegriffen worden. Wie sprechende Resopalplatten, an denen der gesamte Schmutz aus eigenen Reihen abgleitet, beten sie die sattsam bekannte Litanei von den Gewalttätern aus der linken Szene herunter.

Wenn diese Worthülsenproduzenten nur einmal zeigen würden, dass sie nicht die aktiven Wegbereiter des Rassismus auf Frankfurts Straßen sind. Ich kann das Gesülze nicht mehr hören, die Polizisten würden nur die demokratischen Rechte der Pegida-Teilnehmer umsetzen. Es stimmt nicht, sie tun mehr, viel mehr. Sie handeln im vorauseilenden Gehorsam zum Teil unter Begehung schwerster Straftaten.

Und niemanden interessiert es. Die Frankfurter Rundschau macht mit und beschränkt sich auf die Meldung: „… ließ die Polizei … Pegida-Anhänger … ziehen.“ Das genau machen sie nicht – sie lassen sie nicht ziehen, sie bereiten ihnen den Weg.“

Die ANK ruft alle AntifaschistInnen und DemokratInnen auf, Gedächtnisprotokolle über Gewalt von PEGIDA und Polizei zu schreiben und an die Adresse ank_ffm@gmx zu senden.

„trotzdem werden wir am nächsten Montag wieder an der Hauptwache sein…“

Adelheid Müller-Laus und Manfred Laus, heute beide Rentner, sind in Frankfurt überall bekannte Menschen und Gewerkschafter/in.
Beide haben am vergangenen Montag an den Anti-PEGIDA-Protesten an der Hauptwache teilgenommen. Wie Helga Dieter sowie Gerlinde und Klaus Jung kritisieren sie öffentlich die Einsatzleitung der Polizei für ihr gewalteskalierendes Verhalten und ebenso den FR-Bericht des Journalisten Oliver Teutsch, der bequemerweise einfach die polizeiliche Darstellung der Ereignisse des Abends übernommen zu haben scheint.

Hier ihr Leserbrief an die FR:

Weniger Leute, mehr Krawalle“

„….aufgrund zahlreicher Demonstrationen…ein diffuses Bild..“

Und dann noch: „..gegen Ende der Veranstaltung Flaschen und Böllerwürfe..“ sowie der Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken durch die Polizei.

Wenn wir bisher Hemmungen gehabt hätten gegen Pegida zu demonstrieren, würden wir nach dem Artikel von Oliver Teutsch weiterhin zu Hause bleiben.

Nun waren wir aber nicht zum ersten Mal montags an der Hauptwache und mussten feststellen, dass die Polizei diesmal offensichtlich die Situation zugespitzt hat.

Nach ca. einer Stunde Parolen der Pegidatruppe verschwanden diese Herrschaften plötzlich von ihrem Platz vor der Katharinenkirche. Natürlich nahm man an, dass sie jetzt ihre Demo durch die Innenstadt machen wollten. Die Atmosphäre war dann entsprechend aufgeheizt auch als dann später das Theater der rechten Spießer weiterging. Dieses Spiel konnte ja wohl nur mit Absprache der Polizei stattgefunden haben.

Wir standen dann unmittelbar an der Polizeiabsperrung und konnten den Platz bis zur Pegidatruppe übersehen. Dazwischen stand – wie vorher – im Abstand von ca. 6 bis 7 Metern vor uns, in lockerer Reihe die Polizei.

Plötzlich ertönte aus dem Polizeilautsprecher die Aufforderungen das Werfen von Gegenständen auf die Polizei zu unterlassen. Von Wurfgegenständen war aber nichts zu sehen. Der Platz war jedoch immer noch so clean wie nach der letzten Straßenreinigung. Aber die Lautsprecherdurchsage wurde ständig wiederholt, die vorher lockere Polizeikette verstärkt, die Polizisten setzten die Helme auf klappten die Visiere herunter und rückten auf uns bis auf ca. 2 Meter heran. Kein schönes Gefühl. Und dazu immer weiter gebetsmühlenartig: „Bitte unterlassen sie das Werfen mit Gegenständen.“ Man hätte eigentlich den immer noch sauberen Platz fotografieren müssen.

Wir wissen nicht wie wir in dieser Situation als 18jährige reagiert hätten. Entweder wir hätten wirklich mit „harten Gegenständen“ geworfen oder wir hätten die Flucht ergriffen. Ganz offensichtlich war das beabsichtigt aber genau das ist eben nicht passiert – auch bei den Jugendlichen nicht.

Über die Vorgänge anschließend in der B-Ebene haben uns Freunde (in unserem Alter) informiert. „Krawalle“ hat es dort geben nachdem die Polizei offensichtlich ohne Grund in die Menge geprügelt und Pfefferspray eingesetzt hat.

Nach den Vorgängen vorher oben war das der logische Abschluss.

Aber trotzdem werden wir am nächsten Montag wieder an der Hauptwache sein um für ein weltoffenes und tolerantes Frankfurt zu demonstrieren. Dabei hindern uns nicht Polizei-provokationen und solche Artikeln wie von Oliver Teutsch.

Adelheid Müller-Laus, Manfred Laus (Rentner)

Alte Kartoffeln, ein faules Ei und jede Menge Pfefferspray…

Helga Dieter, mehrfach prominent ausgezeichnet für ihre Friedensarbeit, kennt die Arbeit als Demo-Beobachterin seit Jahren. Am 23.2. war sie auch auf der Frankfurter Hauptwache aktiv und beobachtete, wie die dortige Polizeführung auf ihr unverständliche Weise nach Gründen und Vorwänden suchte, am Ende der Anti-PEGIDA-Aktionen Aktivist_innen mit Knüppeln und Pfefferspray trakteren zu können. Sie hat daraufhin einen Offenen Brief an OB Feldmann und Polizeipräsidenten Bereswil gesandt, indem sie die Haltlosigkeit der polizeilichen „Begründung“ für ihr Vorgehen ebenso kritisiert wie die nahtlose Übernahme dieser „Begründungen“ durch die Frankfurter Medien.  Zudem erinnert sie OB Feldmann, SPD, stellvertretend für alle vor genau einem Monat zur Kundgebung einladenden Honoratiorinnen und Honoratioren des Römerbergbündnis: „Es ist genau vier Wochen her, dass in Frankfurt 200 Organisationen einen Aufruf für ein solidarisches Miteinander und gegen die haltlosen und dumpfen Angriffe der Pegida-
Bewegung unterzeichneten. Dazu gehörte auch ich als Vorsitzende von „Courage gegen Rassismus“. Von den 15.000 Teilnehmern, die sich damals mit Entschlossenheit den Rechtspopulisten und Nazis.in den Weg stellen wollten, wie es der Oberbürgermeister
gefordert hat, sind noch 1000 mit langem Atem verblieben, die montags deutlich machen: In Frankfurt ist kein Platz für Nazis. Ein großer Bereich der Hauptwache ist für Pegida durch Polizeigitter abgesperrt, was die Gegendemonstranten spöttisch als: „Freiluftgehege für Nazis und Polizei“ bezeichnen. Man reibt sich die Augen, wie harmonisch das Verhältnis der Polizei zu den Pegida- Anhängern offenbar ist und wie aggressiv und provozierend sie auf die Gegendemonstranten reagieren, die mit Trillerpfeifen und Sprechchören die populistischen Parolen übertönen. …

Der volle Wortlaut des Offenen Briefes hier: Demo Beob. 2015 -2

Am 2. März 2015, 17:00 Uhr: alle auf die Hauptwache gegen PEGIDA Frankfurt!

Die ANK ruft alle AntifaschistInnen und alle Menschen, die keine Lust auf die PEGIDA-RassistInnen haben dazu auf, am kommenden Montag und an allen weiteren kommenden Montagen, für die in Frankfurt PEGIDA-Demos angekündigt werden sollten, sich ihnen gemeinsam und entschlossen in den Weg zu stellen. Bitte mailt den folgenden Verteiler in Eurem Kolleg_innen-, Freundes-, und Familienkreis weiter, druckt Euch den Flyer aus und legt ihn aus, plakatiert ihn, macht ihn bekannt: NOPEGIDA-Flyer.

Die ANK bemüht sich um Koordination der Anti-PEGIDA-Proteste und ist solidarisch mit allen, die mit uns das Ziel teilen, gegen PEGIDA aktiv zu werden, PEGIDA jede Möglichkeit zu öffentlichen Auftritten in Frankfurt zu nehmen, wo und wann auch immer sie angekündigt werden. Die Rassist_innen von PEGIDA arbeiten seit ihrem ersten Auftreten Anfang Januar kontinuierlich und bewusst mt Nazis der NPD, des Freien Netz Hessen, der Autonomen Nationalisten, der Nationalen Sozialisten Rhein-Main, der Identitären zusammen, sie kungeln mit AfD und Freien Wählern Frankfurt. Aus diesem Grund betrachten wir die Auftritte von PEGIDA als Naziaufmärsche und werden dementsprechend gegen sie vorgehen.

 

„… brutale Einsätze passen anscheinend nicht in das Bild des weltoffenen Frankfurt, das die Medien vermitteln wollen…“

Hiermit dokumentieren wir einen bislang nicht veröffentlichten Leserbrief an die FR, in dem deren Berichterstattung zu den Anti-Pegida-Protesten am 23.2. zurechtgerückt wird. Der Autor, Klaus Jung, ist Mitglied des Senior_innen-Arbeitskreises der IG Metall Frankfurt und seit deren Gründung 2002 in der Anti-Nazi-Koordination aktiv. Die von ihm aus nächster Nähe erlebte Szene ist auch als Video zu sehen und dokumentiert Pfeffersprayangriffe der Polizei durch das geschlossene Rolltor am Zugang zu B-Ebene.  Ein weiteres Video zeigt das Vorgehen der Polizei unmittelbar davor: gewaltsame Räumung der B-Ebene, um die Rassisten und Nazis von PEGIDA zur S- und U-Bahn geleiten zu können.

Wir haben am 23.02. am Protest gegen die Kundgebung der Pegida Frankfurt teilgenommen.

Wir 66 und 73 Jahre alt, erlebten einen kreativen, witzigen Protest von ein paar hundert jungen und auch älteren Menschen gegen die dumpfen, völkischen, volksverhetzenden Parolen der Pegidaanhänger die von einem Großaufgebot Polizei in Kampfanzug beschützt wurden.

Während des gesamten Protests ging keinerlei Gewalt von den Protestierenden aus, gegen Ende der Veranstaltung wurde von der Polizei durchgesagt, man solle keine Gegenstände werfen. Wir standen direkt am „Drängelgitter“ und konnten außer Konfetti, Seifenblasen und Papierschnipseln keine Gegenstände sehen.

Nach Beendigung der Aktion wollten wir mit der U-Bahn nach Hause fahren. In der B-Ebene hinderte uns ein massives Polizeiaufgebot am Betreten des Bahngeländes, die Zugänge der U-Bahn und die meisten Ausgänge der B-Ebene waren durch Gitter versperrt. Der Großteil der Teilnehmer der Gegenkundgebung war gezwungen, den Treppenabgang bei der Mainova zu benutzen. Die Polizei fing dann an, die Menschen an diesem Abgang wieder hinauf zu drängen.

Dann wurden wir, wie alle Passanten in der B-Ebene von Kolonnen von Polizisten hin und her getrieben. Wir wurden Zeugen wie Polizisten junge Menschen zusammenschlugen weil sie nicht schnell genug den Polizeibefehlen Folge leisteten, mussten mit ansehen, wie jungen Frauen im Teenageralter aus nächster Nähe Pfefferspray ins Gesicht gesprüht wurde und das im geschlossenen Areal der B-Ebene. Erst dann flogen einzelne Gegenstände in Richtung Polizei.

Versuche unsererseits, mit den Polizisten wegen dieser Brutalität zu sprechen wurden mit Androhung von polizeilicher Gewalt und menschenverachtenden Kommentaren unterbunden („sei froh, dass du noch lebst!“). Dieser ganze Einsatz diente einzig und allein dazu, Rassisten und Nazis in die U-Bahn zu geleiten. All dies haben wir nach Abschluss des Protestes erlebt.

In den Zeitungen, auch in der FR, wird darüber nichts berichtet. Hier ist nur die Stellungnahme der Polizei zu lesen. Übergriffe der Polizei, brutale Einsätze, passen anscheinend nicht in das Bild des weltoffenen Frankfurt, das die Medien vermitteln wollen.

Gerlinde und Klaus Jung, Frankfurt am Main