Polizeimeister Otto Kaspar (1893 – 1964) und die Frankfurter Polizei im Frühjahr 2015

von Peter Paschke

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Der allgegenwärtige Rassismus und Faschismus wurde in der Zeit des Dritten Reichs in den Köpfen der Menschen massiv verankert und damit auch zur Handlungsanweisung und Zielvorstellung für die Aufgaben der Polizei verstanden und gefordert. Die Polizei bereitete den Faschisten den Weg für das, was diese planten und umsetzten. So hatte beispielsweise die Polizei die Aufgabe, die Juden und Staatsfeinde über Melderegister zu erfassen, abzuholen und die Transporte bis in die Lager, Zwangsarbeitsstätten oder Eisenbahnwaggons mit zu organisieren und mit zu bewachen. Die hierarchische Disziplin, die Befehlskette, der Korpsgeist schirmte die einzelnen Beamten vor jeglicher Eigenverantwortlichkeit ab und garantierte ihnen Straffreiheit für ihr gesamtes Handeln.

Wie war es möglich, dass der an sich achtbare Beruf des Polizisten in solche Schieflage geriet? Eine der möglichen Antwort auf diese Frage gab uns schon vor über 120 Jahren ausgerechnet Bismark:  „Mut auf dem Schlachtfelde ist bei uns Gemeingut, aber Sie werden nicht selten finden, dass es ganz achtbaren Leuten an Zivilcourage fehlt.“

Mit Zivilcourage ist das gemeint, was z. B. Polizeimeister Otto Kaspar im Dritten Reich gezeigt hat. (nachzulesen im Buch „Kaiserhofstraße 12“ von Valentin Senger.) Er hat die Meldekarten einer jüdischen Familie in seinem Revier eigenmächtig umgeschrieben, er hat seine Nachbarn nicht abholen lassen, er hat den Willen der Politiker und Polizeivorgesetzten nicht befolgt und seine Befehle nicht stumpf ausgeführt. Nein, er hat sich nicht zum Erfüllungsgehilfen und aktiven Wegbereiter der Nazis gemacht. Er hat seinen Beruf ernst genommen und Zivilcourage bewiesen.

Deswegen trägt heute die Straße hinter (!) dem neuen Polizeipräsidium in Frankfurt den Namen „Polizeimeister Kaspar Straße“.

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Man hat erst 1978 aus dem Buch von Valentin Senger Otto Kaspars Geschichte erfahren. Denn dieser hat in den Jahren bis zu seinem Tod 1964 niemandem selbst etwas darüber erzählt.

Warum nicht? In den Nachkriegsjahren bis in die siebziger Jahre waren all die alten Nazis in der gesamten Gesellschaft der Bundesrepublik immer noch in Rang und Würde. Wir hatten Nazis als Bundespräsidenten, als Bundeskanzler, als Ministerpräsidenten, als Richter, als Wirtschaftsführer. Überall in Ämtern und Institutionen, in der Bundeswehr und Polizei waren sie immer noch und wieder da und gestalteten die Geschicke unserer neuen Republik.

Ein Oskar Schindler (Schindlers Liste – In Israel schon hochgeehrt in der Gedenkstätte Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern) lebte in dieser Zeit bis 1974 im Frankfurter Bahnhofsviertel vergessen und unerkannt. Zivilcourage zählte immer noch nichts und war nach wie vor unerwünscht.

Und die katastrophale Erfahrung von heute ist immer noch die gleiche. Ein Teil des Vermächtnisses des Dritten Reichs ist immer noch –  bei manchen: schon wieder –  in den Köpfen der heutigen Polizei. Ihre Rolle und ihre Denkstrukturen sind immer noch die gleichen und lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Nationalisten, Rassisten und Nazis sind freie Bürger, deren „demokratische Rechte“ von der Polizei durchgesetzt werden müssen. Wer den Faschisten den öffentlichen Raum streitig macht, gilt als wahrer Feind und wird je nach Lage abgedrängt, kriminalisiert, eingekesselt oder mit Schlagstock und Reizgas angegriffen. Befehle und Anweisungen der Vorgesetzten werden unhinterfragt ausgeführt. Strafbare Handlungen, wie Körperverletzung im Amt, die dabei begangen werden, werden vom Korpsgeist gedeckt, von Vorgesetzten gebilligt und der Strafverfolgung entzogen. Gewissen und Zivilcourage sind unerwünscht.

Polizeimeister Otto Kaspar – da kann man sicher sein – hat sich in den vergangenen 4 Monaten nach den Ereignissen auf den öffentlichen Plätzen Frankfurts in seinem Grabe mehrmals umgedreht. Für seine Kollegen, die Pegida und deren braunem Anhang den Weg durch Frankfurt gebahnt haben, würde er sich zutiefst schämen.

Lasst uns Polizeimeister Kaspar Respekt zollen und ihn in Schutz nehmen vor seinen heutigen Kollegen, die sein Andenken hier in Frankfurt im wahrsten Sinn des Wortes mit ihren Knüppeln zerschlagen und ihren Stiefeln in den Schmutz treten.

Die Frankfurter Rundschau und das „Identitäre Zentrum“ in Karben

Die heutige FR enthält eine Art Sympathiewerbungs-Home-Story aus dem zur „Neuen Rechten“ gehörenden „Identitären Zentrum“ in Karben, für das der Journalist Peter Hauff verantwortlich zeichnet. Dem Personenkreis um Weißmann, Kubitschek, Kositza, Lichtmesz, Menzel, Wolfschlag, Clemens und Konsorten, der um das „Institut für Staatspolitik“, die „Junge Freiheit“, die Zeitschrift Sezession, den Verlag Antaios, den Blog „Blaue Narzisse“ usw. versammelt ist, entsprang vor Jahren bereits die sogenannte „Konservativ-Subversive-Aktion“ (KSA), die in Frankfurt schon großartige Bauchlandungen hingelegt und zugleich ihre persönliche Nähe zum rechten Flügel der lokalen CDU um Erika Steinbach und Thilo Stratemann sowie zu Burschi-Kreisen und dem lokalen Matador der Freien Wähler, Wolfgang Hübner offenbart hat. Nach dem sang- und klanglosen Scheitern der mit vollen Backen begonnenen „ksa“ treibt man in den der „Konservativen Revolution“ verpflichteten Kreisen der Neuen Rechten nun seit einigen Monaten eine neue Sau durchs Dorf und klemmt sich an die „Identitären“, wobei man offenkundig auf der Welle der homophoben, antisemitischen und islamhassenden Bewegung von rassistischen Jungreaktionären in Frankreich mitsurfen möchte. Der erste Auftritt der Identitären in Frankfurt wirkte allerdings eher wie eine mißglückte Halloween-Scharade. Die zur Neuen Rechten gehörenden Wetterauer Identitären sind mit REPs, Pro-Bewegung und NPD in Hessen und darüber hinaus vernetzt. Sie sind, obwohl die FR das offenbar nicht kapiert, keineswegs harmlos, auch wenn sie als christlich-rechtsliberale Weißhemdenträger daherkommen. Zu ihren ideologischen Vorbildern gehören Autoren wie Armin Moeller van den Bruck, deren Version der Konservativen Revolution direkt zum offenen Faschismus führte, sie hatten nachweisbar in den vergangenen Jahren zB. bei Gelegenheit einer Demonstration gegen „Christenverfolgungen“ in sogenannten islamischen Staaten keine Berührungsängste mit den extrem fundamentalistischen „Pius-Brüdern“, deren Bischof Williamson die Shoah bekanntlich für eine Lüge hält – kein einmaliger Ausrutscher, sondern Programm im dem Abendland verpflichteten Rechtskatholizismus, der, ebenfalls programmatisch, immer schon einen guten Draht zur Neuen Rechten hatte. Das Welt- und Gesellschaftsbild der Neuen Rechten und der zu ihnen gehörenden Identitären ist ethnopluralistisch, also rassistisch, es ist patriarchal und homophob, anti-egalitär und elitär. Wie im sich damit überschneidenden Milieu der sogenannten „Islamkritiker“, zB. dem Rassistenblog „Politically Incorrect“ tagtäglich zu besichtigen ist es bis zur Menschenverachtung hasserfüllt gegen alles als „anders“ oder „fremd“ definierte. Die Mischung beider Komponenten, des Rassismus gegen vermeintlich feindliche Konkurrenten von „außen“ und der ins Elitäre gewendeten Abwehr gegen den befürchteten gesellschaftlichen Abstieg in Zeiten der Krise macht sie zu potentiellen Sprachrohren von Verunsicherung geschüttelter wildgewordener Kleinbürger, die bekanntlich beachtliches Agressionspotential entwickeln können. Da ist der Weg zum Faschismus wirklich nicht mehr weit, auch wenn man sich von Nazis verbal distanziert: Formen der Zusammenarbeit sind nachweisbar. So waren hochrangige Vertreter der Neuen Rechten wie Lichtmesz oder Kubitschek bei großen Naziaufmärschen wie dem in Dresden 2010 zu beobachten – auf Seiten der Faschisten, natürlich. Daß einzelne Vertreter der lokalen Identitären-Szene eher schlichte Gemüter zu sein scheinen hat nichts damit zu tun, daß sie für ein menschenverachtendes Welt- und Gesellchaftsbild stehen und dies auch offensiv propagieren werden. Wenn man sie läßt. Die antifaschistische Bewegung der Rhein-Main-Region wird sich ein „Identitäres Zentrum“ in Karben oder andernorts nicht gefallen lassen.

Jüdisches Museum Frankfurt: Axel Springer, Paul Karl Schmidt, „Die Welt“ und „die Juden“.

Axel Springer in Jersualem, 14.6.1967. Rechts an der Wand drei unfreiwillige Zeugen seiner Visite. (Abbildung: Axel Springer (halb links) kurz nach dem Ende des Sechs-Tage-Kriegs in Jerusalem. Rechts an der Wand drei unfreiwillige Zeugen seiner Visite in der Stadt, die Springer gern als „Berlin des Nahen Ostens“ titulierte. Quelle: jW, 23.3.2012)

Das Jüdische Museum Frankfurt zeigt aktuell eine Ausstellung über das Bild, welches der BILD- usw. -Verleger Axel Cäsar Springer über „die Juden“ gesellschaftsweit zu verbreiten geruhte.
Otto Köhler weist in seinem Artikel „Solche Juden will er nicht“ auf Hintergründe und Intentionen dieser Image-Strategie hin. Sie wurde nicht zuletzt von hochrangigen Nazifunktionären und bewährten Antisemiten formuliert und publizistisch durchgesetzt. Im Fall des Ullstein-Verlags zum Beispiel, den als „jüdischen Verlag“ bewahrt zu haben Springer sich rühmte, war das Ende vom Lied dessen endgültige „Re-Arisierung“ mit weitreichenden Konsequenzen. Kein Wunder, daß die Springer-Presse tobt.
Otto Köhler, Solche Juden will er nicht

SS, Fußball, DFB. Das „Todesspiel“ in Kiew, 9. August 1942, die Prioritäten von Oliver Bierhoff und die BRD-Justiz

Vor wenigen Wochen gaben die Gewaltigen des DFB zu Protokoll, ein Besuch der Gedenkstätte des ehemaligen Vernichtungslagers Auschwitz sei der deutschen Nationalmannschaft anlässlich der bevorstehenden EM in Polen und der Ukraine nicht zuzumuten.
Da gebe es andere Prioritäten, stimmt der Chor der Medien zu.
Die „Holocaust-Thematik“ werde „schon aufgegriffen“, meinte Oliver Bierhoff, ganz wertfrei.
Die FAZ aber meinte, für „solche Ausflüge“ sei einfach keine Zeit. Was ist schon Auschwitz gegen eine Fußball-EM.
In seinem Beitrag „Spiel um Leben und Tod“ erinnert Klaus Huhn an jene perversen und von der SS erzwungenen fußballerischen Begegnungen zwischen deutschen Wehrmachtsangehörigen und Kriegsgefangenen des ehemaligen Klubs Dynamo Kiew im August 1942. Sportlich wie sie nun mal waren, ließen die deutschen Verlierer mehrer Begegnungen die überlegenen Kicker aus Kiew anschließend aus Rache umbringen. Die deutsche Justiz der BRD sekundierte noch Jahrzehnte später und ließ einen Prozeß zur Aufklärung der damaligen Sachverhalte im Sand verlaufen (Klaus Huhn, „Spiel um Leben und Tod“).
Man darf gespannt sein, ob und wie sich die bundesdeutschen Kicker in einem eventuellen Spiel in Kiew zu dieser historischen Last verhalten werden.
Daß der deutsche Fußball-Nationalismus auch heute gern zu eindeutigen Gesten neigt, war zB. 2010 auch in Frankfurt zu beobachten.

Finnische Faschisten besonders kreativ…

Die finnische Partei NSFAP verwendet das Parteiprogramm der Hitlerfaschisten um nur wenige Kleinigkeiten verändert: insbesondere hat sie überall da, wo die Nazis „Jude“ stehen haben, nun „Moslem“ eingesetzt. Und verlangt nicht die sofortige Ermordung dieser schädlichen Nicht-Finnen („nicht mit kulturellen, Blut- oder Schicksalsbanden“ der finnischen Nation verbunden), sondern „nur“ deren sofortige Ausweisung. Das berichtet die in Schwedisch erscheinende finnische Tageszeitung Hufvudstadsbladet nach einem Bericht in „Die Presse„. Erinnert irgendwie an den Rucola-Werbespot mit den drei Finnen in der Sauna. Wer hat´s erfunden?

Echzell und seine Nazis: Patrick „Schlitzer“ Wolf, die „Old Brothers“ und eine Gaskammer als Partygag

Am kommenden Samstag, 28.8, veranstaltet ein antifaschistisches Bündnis in Echzell / Wetterau ein Festival gegen Rechtsaussen. AktivistInnen der ANK werden sich daran beteiligen. Zum Hintergrund veröffentlichen wir hier die Ergebnisse einer Recherche über die dortige Naziszene rund um Patrick „Schlitzer“ Wolf und die von ihm dominierte Gruppierung „Old Brothers“.

Kammerparty beim „Schlitzer“.
Ein Neonazi veranstaltet Partys mit Gaskammer-Ambiente in der Wetterau

Echzell, November 2009 – wieder einmal wird auf der Hofreite des Neonazis Patrick Wolf gefeiert. Mittelpunkt des Geschehens ist die sogenannte „Brausekammer“, hinten im Hof des Anwesens gelegen. Hinter einer unscheinbaren Tür mit einem kleinem Drahtglasfenster ein Raum von etwa 45 qm, schmucklos, einige Tische, gemauerte Bänke mit hölzerner Sitzfläche, eine vertikale „Table Dance“-Stange. Menschen an einer L-förmigen Theke, es wird viel getrunken, leere Schnapsflaschen stehen herum. Über der Bar ist eine dünne Rohrleitung montiert, daran befestigt einige Brauseköpfe, die Leitung ist an eine Nebelmaschine aus dem Disco-Zubehör-Handel angeschlossen. Zur Erbauung der Gäste legt der Hausherr selbst Hand an: Wolf schaltet die Maschine ein, Nebel strömt aus den Brauseköpfen, Gaskammer-Atmosphäre macht sich breit. Das zentrale Angstszenario des industriellen Judenmords, die „Vergasung“, wird zum Partygag. Weiterlesen „Echzell und seine Nazis: Patrick „Schlitzer“ Wolf, die „Old Brothers“ und eine Gaskammer als Partygag“

25. Mai: antifaschistischer Mahngang durch Wiesbaden-Erbenheim

Am kommenden Dienstag, 25. beginnt um 18 Uhr an der Evangelischen Kirche, Ringstraße, ein antifaschistischer Mahngang durch Wiesbaden Erbenheim. Wir wollen dabei vor allem an den Stolpersteinen derjenigen jüdischen Familien des Ortes gedenken, die in der Zeit des Nazifaschismus deportiert und ermordet wurden. Zugleich protestieren wir damit gegen die Machenschaften des Ordnungsamts Wiesbaden, aufgrund dessen Kungeleien mit der NPD am Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg, dem 8. Mai 2010 von der Polizei geschützte Nazis über genau diese Stolpersteine latschen konnten – ohne Widerspruch von der Polizei.

Brandanschlag auf die Synagoge in Worms

Die sogenannte Raschi-Synagoge in Worms gehört zu den ältesten Orten mittelalterlicher Präsenz jüdischen Lebens im Rheinland. Nun  wurde auf die Synagoge von Worms ein Brandanschlag ausgeübt, dessen Verursacher zwar noch nicht bekannt ist, von dem aber angenommen werden muß, daß er sich im nazistischen Bereich befindet. Bericht des Südwestfunks.

Wiesbaden, 8. Mai: Nazis trampelten über „Stolpersteine“

Dank der vom Ordnungsamt Wiesbaden verfügten Demonstrationsroute durch den Wiesbadener Stadtteil Alt-Erbenheim trampelten die Nazis der NPD anlässlich ihrer Demonstration zum 65. Jahrestag der Befreiung Europas vom Nazifaschismus über „Stolpersteine„, die dort zum Gedenken an von den Nazifaschisten ermordeten Juden verlegt worden waren. Dabei trugen sie zum Teil T-Shirts, die mit SS-Emblemen versehen waren. Die Polizei beanstandete dies nicht. Bericht in BILD Frankfurt. Das Wiesbadener Bündnis gegen Rechts wird am 1. Juni eine öffentliche Veranstaltung zur Auswertung der Nazi-Demonstration durchführen (Ort und genauer Zeitpunkt werden rechtzeitig bekannt gegeben). Dabei wird auch dieser Vorgang thematisiert. Schon jetzt fordern zahlreiche AntifaschistInnen den Rücktritt der Wiesbadener Ordnungsdezernentin Zeimetz (CDU) sowie des kommissarischen Leiters des Wiesbadener Ordnungsamts, Tischler (DIE GRÜNEN) – letzterer war während der Demo sogar persönlich vor Ort.

„Türk‘ und Jud‘, giftig´s Blut“ … in Österreich findet zusammen, was zusammen gehört.

Zum wiederholten Mal gibt es im ehemaligen KZ Mauthausen Nazischmiereien zu sehen, die eine direkte Kontinuität zwischen NS-Antisemitismus und heutigem Anti-Islamismus herstellen wollen: „Was unseren Vätern der Jud, ist für uns die Moslembrut, seid auf der Hut! 3. Weltkrieg – 8. Kreuzzug“ . Politische Kreise in Österreich sind tief bestürzt. Bericht.