Sah es im September 2009 noch so aus, als stünde Wolfgang Hübner nur knapp vor der Erfüllung eines Traums, so kann man inzwischen feststellen: er hat‘ s geschafft. In Frankfurt am Main wird am 22. März 2010, auf Beschluss aller Fraktionen der Stadtverordnetenversamm-lung mit Ausnahme der LINKEN und Ökolinx sowie unter Kooperation der beiden großen christlichen Kirchen eine wenig modifizierte Form des sogenannten „Großen Stadtgeläuts“ ertönen – zum Gedenken an die Opfer der allierten Bombenangriffe auf Frankfurt an diesem Tag im Jahre 1944. Die Stadtverordnetenversammlung möchte also der Trauer der Stadtgesellschaft Ausdruck geben, indem sie die beiden christlichen Kirchen auffordert, von den Türmen der Innenstadtkirchen läuten zu lassen, anstatt sich selber der politischen Arbeit auszusetzen, eine konsensfähige Form des Gedenkens zu finden. Wir halten diesen Vorgang für einen abscheulichen Meilenstein in einer so noch vor Kurzem für undenkbar gehaltenen Durchsetzung einer geschichtsrevisonistischen Sicht auf den Zweiten Weltkrieg.
Denn wessen morgen gedacht wird, ergibt sich vor allem aus einer Betrachtung darüber, wessen morgen in der von Hübner sowie CDU, FDP, SPD und GRÜNEN beschlossenen Form nicht gedacht werden kann Weiterlesen „22. März 2010: Glockenläuten – für wen?“
Kategorie: Theorie und Geschichte des Faschismus
Randale, Bambule, Frankfurter Schule …
Foto:
Adolf Heusinger, General der faschistischen Wehrmacht, ab dem 15. Oktober 1940 Chef der Operationsabteilung des Generalstabes im Oberkommando des Heeres. Mitarbeiter des „Amt Blank“ und Mitbegründer der Bundeswehr.
(Vgl. zu seiner Person: Braunbuch. Kriegs- und Naziverbecher in der Bundesrepublik, Berlin/DDR 1965, S. 204 – 207).
Otto Köhler hat in seinem Text „Die Frankfurter (Militär-) Schule“ (Ossietzky 23/2009) auf die Wahrscheinlichkeit hingewiesen, daß die Väter der „Frankfurter Schule“ in der Mitte der 50er Jahre an der Wiederbewaffnung Deutschlands aktiven Anteil hatten. Das von Theodor W. Adorno und Max Horkheimer geleitete Institut für Sozialforschung übernahm, so wird in einer von Köhler rezensierten Veröffentlichung berichtet, die Ausarbeitung für psychologische Gutachten zu Auswahlkriterien zukünftiger Offiziere der neuen deutschen Armee:
„»Das Institut sollte«, so enthüllt die Autorin, »die psychologischen Tests von Offiziersanwärtern vornehmen.« Es lehnte zwar »eine unmittelbare personelle Beteiligung am konkreten Prüfverfahren« ab, es nahm aber »streng vertraulich« – das Amt Blank legte Wert darauf, die Regelungen für Staatsgeheimnisse »strikt einzuhalten« – eine vereinbarte Gesamtsumme von 7.809 DM entgegen für »Beratung und Auswahl derjenigen Offiziere, welche am Ende die Auswahl der Bewerber vorzunehmen hatten«.“
So nachzulesen in Otto Köhlers Zusammenfassung von „Die Frankfurter Schule in Frankfurt. Eine Rückkehr nach Deutschland„.
Welcher Art diese Offiziere waren, ist ja bekannt. Der damals führende Mitarbeiter des „Amtes Blank„, das im Auftrag Adenauers die Aufstellung der Bundeswehr betrieb (und damit auch für alle personalpolitischen Fragen zuständig war), war Adolf Heusinger (Foto oben).
Der hatte, wie Otto Köhler in seinem eingangs erwähnten Artikel erinnert, „Hitlers Angriffsplanungen fachkundig ausgearbeitet„.
Es ist eine interessante Vorstellung, wie die Entwickler der F-Skala mit den Kollegen Heusingers und im Auftrag der Adenauer-Regierung an der neuen Bundeswehr arbeiteten. „Dabei läßt sich hinter dem Engagement des Instituts weniger eine opportunistische Kalkulation aufdecken als überzeugtes Einverständnis«, meinte dazu, alles noch verschlimmernd, Monika Boll, die Kuratorin jener Ausstellung im Frankfurter Jüdischen Museum, der die oben genannte Veröffentlichung zur Geschichte der Frankfurter Schule bis zum 10. Januar 2010 zugleich als Ausstellungskatalog diente.
Manolis Glezos: Ein Unrecht muß gesühnt werden.
Manolis Glezos, populärer griechischer Volksheld wegen seiner spektakulären Aktion gegen die faschistische deutsche Besatzungsmacht am 30. Mai 1941, als er deren Hakenkreuzfahne von der Akropolis in Athen riss, wurde vor wenigen Tagen bei einem Polizeieinsatz gegen demonstrierende Gewerkschafter von den Hütern der herrschenden Ordnung verprügelt und mit Tränengas besprüht.
In deutschen Medien gilt für die derzeitige Finanzkrise in Griechenland fast durchgehend die „Erklärung“, die griechische Regierung habe sich seinerzeit auf betrügerische Weise die Mitgliedschaft in der Euro-Zone erschwindelt und sich auf Kosten aller übrigen Euro-Volkswirtschaften einen üppigen und finanziell verwöhnten Beamtenapparat geleistet, den, so zB. BILD, jetzt angeblich „wir“ bezahlen sollen.
Manolis Glezos machte kürzlich deutlich, daß nichts ferner von der Wahrheit ist. Umgekehrt: noch immer hat der deutsche Staat die berechtigten Forderungen Griechenlands nach Reparationen für die Zeit der faschistischen Besatzung nicht erstattet. Weiterlesen „Manolis Glezos: Ein Unrecht muß gesühnt werden.“
Der Mövenpick-Baron und sein Vater
Wenn ein deutscher Baron die NSDAP bis zur Übertragung der politischen Macht an Adolf Hitler finanzierte, wem spendet dann der Sohn des Barons?
Richtig – den Fans der Zahlenfolge 18.
Alles weitere in diesem Artikel von Otto Köhler, der, wie alles von diesem Autor, extrem lesenswert ist: „Caesar Westerwelle und das Geld“
Foto: Baron August von Finckh senior mit dem Objekt seiner Begierde am 18. Juli 1937.
Quelle: „junge Welt“
„Dunkelfeld“ – neue Broschüre zur Nazi-Szene im Rhein-Main-Gebiet
„Dunkelfeld. Recherchen in extrem rechten Lebenswelten rund um Rhein-Main“ ist der Titel einer neuen Informationsbroschüre, die gerade erschienen ist. Die 144 Seiten Reportagen und Analysen zur Situation und zu Gegenstrategien sind randvoll mit Informationen, die man in dieser Konzentriert sonst nirgends findet. Herausgeber ist der Berliner Verein argumente. netzwerk antirassistischer bildung e.V. in Kooperation mit dem Bildungswerk Anna Seghers e.V. aus Wiesbaden und dem Antifaschistischen Infobüro Rhein-Main. Der Preis – 6 Euro – ist äußerst moderat. Die Broschüre kann ab sofort bei argumente e.V. bestellt werden, für die Abnahme von größeren
Mengen können Sonderkonditionen erfragt werden. Näheres zum Inhalt aus einem Infoflyer (Dunkelfeld): Weiterlesen „„Dunkelfeld“ – neue Broschüre zur Nazi-Szene im Rhein-Main-Gebiet“
Wenn es eng wird in Deutschland …
Die „Süddeutsche Zeitung“ veröffentlicht soeben eine Zusammenfassung neuer Ergebnisse aus der Langzeitstudie der Arbeitsgruppe um den Bielefelder Soziologen Wilhelm Heitmeyer zum „Syndrom der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“. Die Tendenzen des diesjährigen Jahresberichts geben Anlass, rechtspopulistischen RassistInnen, der Neuen Rechten und Nazis einen gewissen Aufschwung vorherzusagen: Weiterlesen „Wenn es eng wird in Deutschland …“
„Eurasia“ – aktuelle geostrategische Überlegungen auf den Spuren Carl Schmitts
Carl Schmitt (1888 – 1985)
„Kronjurist des Dritten Reiches“
und einflußreicher Rechtsgelehrter der BRD
Der jW-Autor Tomasz Konicz weist auf einen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 24. Oktober 2009 hin, in dem der deutschen Wirtschafts- und Politik-Elite eine „eurasische“ Veränderung ihrer geostrategischen Ausrichtung empfohlen wird und macht darauf aufmerksam, daß in diesem Artikel der „konservative Revolutionär“ Aleksandr Dugin aus Rußland als Urheber solcher Gedankenspiele genannt wird. Dugin bezieht sich sich dafür explizit auf Carl Schmitt, den „Kronjuristen des Dritten Reiches“.
Damit wird ein weiteres Mal die große Nähe des Frontblatts der deutschen Großbourgeoisie zu neurechten Gedankengängen offenbar – aber auch die Überschneidungen solcher Ideen mit Strategien, wie sie in Jörg Elsässers „Volksinitiative“ praktiziert werden sollen. Hier liegt, nebenbei gesagt, auch die die über den lokalen Bereich hinausweisende Bedeutung der Auseinandersetzungen um eine Veranstaltung im Frankfurter Club Voltaire Anfang Oktober 2009, in der sich Querfrontler und antideutsch orientierte Kräfte gegenüberstanden – vgl. dazu:
Mit der Querfront gegen die Antideutschen ist auch keine Lösung
Weder Pest noch Cholera
Zum Text des Artikels von Tomasz Konicz: Weiterlesen „„Eurasia“ – aktuelle geostrategische Überlegungen auf den Spuren Carl Schmitts“
Hose voll? Bundeswehr übt Einsatz gegen Friedensaktivisten in Bayern
Angeblich wird die Freiheit Deutschlands am Hindukusch verteidigt, wie ein großer Sozialdemokrat namens Peter Struck einmal behauptete. Nach dem Vorbild seines Vor-Vorgänger Gustav Noske soll aber die Freiheit von Dir und mir nicht nur in Zentralasien verteidigt werden, sondern auch gegen diejenigen, die an der Heimatfront hartnäckig und unbelehrbar, ja geradezu terroristisch gegen den Krieg sind.
Zu diesem Zweck übte vor einiger Zeit die Bundeswehr in Bayern.
„Gegenstand der Meldungen ist eine Militärübung in der Nähe des bayerischen Ortes Schwarzenbach am Wald, der ein bürgerkriegsähnliches Szenario zugrunde lag. Dabei wurden der Umgang mit demonstrierenden Friedensaktivisten sowie die Verteidigung einer inländischen Radarstation gegen schwer bewaffnete „Terroristen“ trainiert. An der Übung beteiligt waren neben Soldaten und Reservisten des „Landeskommandos Bayern“ auch zivile Rettungs- und Sanitätsdienste. Das Manöver, das bereits im Oktober stattfand, widerlegt die von Berlin vorgebrachte Behauptung, die „zivil-militärische Zusammenarbeit“ im Inland diene nur der Hilfeleistung bei besonders schweren Unglücksfällen und Naturkatastrophen.“
– schreibt dazu „German Foreign Policy“. Hier der gesamte Artikel.
Lesetip für alle, die genauer wissen wollen, auf welche Traditionen sich Militäreinsätze gegen den Inneren Feind stützen können:
Klaus Gietinger, Der Konterrevolutionär. Waldemar Pabst – eine deutsche Karriere, Hamburg 2009.
Äußerst spannend und lesenswert, zB. mal zu erfahren, daß die historischen Wurzeln des heutigen THW auf Freikorpseinheiten zurückgehen, die ab Januar 1919 als bewaffnete Streikbrecherorganisationen gegen Berliner Arbeiter auf Bahnhöfen und in Wasser- und Gaswerken eingesetzt wurden.
In memoriam Georg Elser
Heute vor 70 Jahren, am 8. November 1939, schlug der Bombenanschlag des kommunistischen Widerstandskämpfers Georg Elser (1903 – 1945) auf Adolf Hitler im Münchner Bürgerbräukeller fehl.
Elser bezahlt seinen mutigen Versuch am 9. April 1945 im KZ Dachau mit dem Leben.
Wäre sein Attentat nicht fehlgeschlagen, wäre die Geschichte Deutschlands und Europas anders verlaufen und Millionen Menschen hätten überlebt.
„Ich werde mich dafür einsetzen, dass Holocaustleugnung als Straftatbestand aufgehoben wird…“
Das sagt nicht ein Funktionsträger der NPD, das sagt nicht Martin Hohmann – nein, das sagt der soeben selbst ernannte Kandidat (meine Kippa liegt im Ring…) um das Amt des Zentralrats der Juden, Henryk M. Broder im Berliner Tagesspiegel. Und er fährt fort: „Es bringt auch nichts, „Wehret den Anfängen!“ zu schreien, wenn eine Handvoll Neonazis durch Möllenhagen in Mecklenburg-Vorpommern marschiert„. Toll.
Politisch dürften sich solche Äußerungen in Wahrheit gegen die ersten zaghaften Ansätze innerhalb des Zentralrats richten, sich mit den unterschiedlichen Vertretungen deutscher Muslime an einen Tisch zu setzen und in Fragen des Kampfs gegen Antisemitismus und antiislamischen Rassismus gemeinsam aufzutreten. Broder pflegt seit Jahren eine Distanz zu Linken und Muslimen gleichermaßen, die man durchaus auch als Hass bezeichnen könnte. Mit seiner Äußerung ruft er de facto die gesamte Rechte und die IslamhasserInnen als Beistände seiner Kandidatur auf. Horst Mahler im Knast und Ahamdinedschad in Teheran lachen sich ins Fäustchen – jetzt haben sie aber wirklich einen unverdächtigen Zeugen für ihre Forderungen …
