Marcel Wöll am 25. Juni in Friedberg vor Gericht: Volksverhetzung

Das war ein verdammt schlechtes Wochenende für den hessischen Nazi-Aktivisten und NPD-Vorsitzenden Marcel Wöll: erst scheiterte er in seinem eigenen Wohnort mit dem Versuch einer Mahnwache – nun muß er auch noch am 25. Juni (*) wegen Volksverhetzung vor Gericht …

Am Samstag wurden Wöll und etwa 20 seiner „Kameraden“ gnadenlos ausgepfiffen und mußten unter dem Gesang „Ihr könnt nach Hause gehn …“ mit Sack und Pack abziehen.

Bemerkenswert die Aktionsform der Verhinderung: Die Stadt Butzbach hatte zuvor versucht, die von Wöll angemeldete Mahnwache vor einer US-Kaserne zu verbieten, war damit aber vor Gericht gescheitert. An der anschließenden Aktion der erfolgreichen Verhinderung dieser gerichtlich ausdrücklich genehmigten Veranstaltung beteilgten sich neben 200 NazigegnerInnen auch der Bürgermeister von Butzbach und der Dekan des Ev. Dekanats Bad Nauheim. In Frankfurt ist so etwas bislang leider noch nicht Standard. Butzbach eindeutig vorn!

Wer für sich noch ein zusätzliches Motiv für die aktive Verhinderung des geplanten Naziaufmarsches am 7. Juli sucht:

Wöll und Kameraden hatten unter anderem ein Transparent mit der Aufschrift „Die USA sind unser Unglück“ dabei – offensichtlich ihre aktuelle Version des nazifaschistischen Slogans „Die Juden sind unser Unglück“ und passend zum Aufruf für die Frankfurter Demonstration am 7. Juli, in dem die „bloodsuckers“ von der „Ostküstenmafia„, geschützt von „political correctness“ und „Holocaustkeule“ für alles Unglück dieser Erde verantwortlich gemacht werden. Die „Protokolle der Weisen von Zion“ lassen grüßen!
Es ist glasklarer militanter Antisemtismus, der da seit über einem halben Jahr im Internet für eine in Frankfurt angemeldete Demonstration weltweit verbreitet wird (der Aufruf liegt in Deutsch und Englisch vor) – aber für den Frankfurter schwarz-grünen Magistrat ist das bis heute noch nicht einmal den Versuch eines Verbots dieser Veranstaltung wert. Das ist kläglich.
Schade, daß Frankfurt nicht Butzbach ist.

Und dann auch noch dies für Wöll: am 25. Juni, also noch vor dem Termin der „Großkundgebung“ in Frankfurt am 7. Juli, steht Wöll wegen Volksverhetzung in Friedberg vor Gericht. Der ihm zur Last gelegte Tatbestand ist derart eindeutig, daß es schwerlich zu einem Freispruch kommen wird. Die Tatsache, daß es zu einer Verhandlung kommt wie auch der Verhandlungstermin erscheinen uns als politisches Signal in die richtige Richtung.

Pressebericht in der aktuellen Frankfurter Rundschau über die Verfahrenseröffnung:

NPD-Chef muss vor Gericht
Marcel Wöll zog im Kreistag der Wetterau den Holocaust in Zweifel / Prozess am 25. Juni
VON JOACHIM F. TORNAU

Weil er Klassenfahrten nach Auschwitz als „Gehirnwäsche“ bezeichnet hat, muss sich der hessische NPD-Vorsitzende Marcel Wöll am 25. Juni vor dem Amtsgericht in Friedberg verantworten. Nach einem Bericht des in Nidda erscheinenden Kreis-Anzeigers wirft die Gießener Staatsanwaltschaft dem 24-Jährigen Volksverhetzung vor. Wöll, der für die rechtsextreme NPD im Kreistag der Wetterau sitzt, hatte vor vier Monaten bei einer Kreistagssitzung in Friedberg den Holocaust in Zweifel gezogen. Er forderte, die Zuschüsse für Schülerfahrten nach Auschwitz zu streichen, und nannte die Gedenkstätte des ehemaligen deutschen Vernichtungslagers dabei eine „Stätte des so genannten nationalsozialistischen Terrors“. Die Exkursionen seien „Gehirnwäsche für Vorschüler“.

Im Falle einer Verurteilung drohen dem Neonazi bis zu fünf Jahre Gefängnis und der Verlust seines Kreistagsmandats, das er erst im Februar als Nachrücker für einen zurückgetretenen Parteifreund angetreten hatte. Die NPD ist im Kreistag der Wetterau mit drei Abgeordneten vertreten. Wöll fungiert seit gut einem Jahr als Landesvorsitzender der NPD und ist gleichzeitig führend aktiv in der Kameradschaft der „Freien Nationalisten“ im Rhein-Main-Gebiet.

Der 24-Jährige, der sich selbst als „nationalen Sozialisten“ sieht, gilt als eine der zentralen Figuren in der rechtsextremen Szene Hessens. Seine Wohnung im Butzbacher Ortsteil Hoch-Weisel dient als „Nationales Zentrum“ für Treffen und Schulungen der braunen Kameraden. Über das Internet verbreitet er eine neonazistische „Nachrichten“-Sendung. Seit drei Jahren tritt Wöll zudem bundesweit als Redner und Organisator von Neonazi-Aufmärschen in Erscheinung.

Für besonderen Wirbel sorgte er 2006, als er während der Fußball-WM in Frankfurt demonstrieren wollte, um den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und dessen antisemitische Ausfälle zu unterstützen.

(…) Für den 7. Juli hat er wiederum in Frankfurt eine Demonstration angemeldet. Der Aufmarsch unter dem Motto „Arbeit statt Dividende – Volksgemeinschaft statt Globalisierung“ ist von der Stadt bislang nicht verboten worden.

Mit seinen Aktivitäten zieht Wöll nicht nur immer wieder die Aufmerksamkeit von Verfassungsschutz und Ermittlungsbehörden auf sich, sondern auch von Antifaschisten.
Eine „Mahnwache“ von 15 Neonazis, die der rechtsextreme Funktionär unter dem Titel „Die USA sind unser Unglück“ am Samstag vor der Siedlung der US-Armee in Butzbach organisierte, ging im Pfeifkonzert von 100 Gegendemonstranten unter.

Anmerkung:
(*) wegen ‚Terminproblemen‘ wurde der Prozessbeginn auf den 7. August verschoben, siehe auch: Friedberg, 7. August 10.00 Uhr – Prozess gegen Marcel Wöll (NPD) wegen Volksverhetzung

5 Kommentare zu „Marcel Wöll am 25. Juni in Friedberg vor Gericht: Volksverhetzung“

  1. Laut diversen Presseberichten wurde der Prozess gegen den Butzbacher Nazi Marcel Wöll am Amtsgericht Friedberg, der ursprünglich bereits am kommenden Montag beginnen sollte, inzwischen auf den 7. August verlegt. Grund sind laut einem Gerichtssprecher Terminprobleme der Verteidigung.

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  2. Der Druck auf Wöll nimmt zu. Heute wurde der Butzbacher Nazi aus dem Wetterauer Kreistag geschmissen, weil er gegenüber Jugendlichen, denen vom Kreistagsvorsitzenden erlaubt worden war, vor Sitzungsbeginn eine Information gegen den Rechtsextremismus an die Kreistagsmitglieder zu verteilen, handgreiflich wurde. Hier der Bericht der FAZ:

    Rechtsextremismus

    Hessens NPD-Chef im Wetterauer Kreistag „handgreiflich“

    Von Jens Joachim

    20. Juni 2007

    Der NPD-Landesvorsitzende Marcel Wöll hat am Mittwoch zu Beginn der Sitzung des Wetterauer Kreistags abermals für einen Eklat gesorgt und ist vom Kreistagsvorsitzenden Bernfried Wieland (CDU) von der Sitzung ausgeschlossen worden.

    Nach Aussage der ehrenamtlichen Kreisbeigeordneten Astrid Triesch (CDU) wurde Wöll gegenüber Jugendlichen, die Flugblätter mit der Aufschrift „Nie wieder Faschismus – NPD verbieten“ verteilt hatten, handgreiflich. Die Verteilung der Flugblätter an Kreistagsmitglieder und Journalisten hatte Wieland zuvor genehmigt.

    „In gröbster Weise“ kontra Geschäftsordnung

    Ein 16 Jahre altes Mitglied der Jugendorganisation der Linkspartei sagte gegenüber dieser Zeitung, er habe Wöll beim Betreten der Zuschauertribüne im Plenarsaal des Kreishauses fotografiert. Daraufhin habe Wöll ihn am T-Shirt gepackt, die Herausgabe des Fotoapparates gefordert und ihm Prügel angedroht. Ein Zwanzigjähriger sagte zudem, Wöll habe ihm mit mehreren Blättern Papier ins Gesicht geschlagen.

    Kreistagsvorsitzender Wieland begründete gestern den Ausschluss Wölls damit, dass dieser „in gröbster Weise“ gegen die Geschäftsordnung des Kreistages verstoßen habe. Sein Verhalten könne nicht gebilligt werden. Wöll, dem Wieland keine Gelegenheit gab, eine persönliche Erklärung abzugeben, verließ daraufhin unter dem Applaus der Kreistagsmitglieder den Plenarsaal.

    Prozess steht an

    Weil er Auschwitz bei einer Sitzung des Wetterauer Kreistags im März als „Stätte des sogenannten nationalsozialistischen Terrors“ bezeichnet haben soll, muss sich Hessens NPD-Chef Wöll vor Gericht verantworten. Der Auftakt verzögert sich aber (Prozess gegen Hessens NPD-Chef verschoben).
    Text: F.A.Z.

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